Redak­tion „novinki“

Hum­boldt-Uni­ver­sität zu Berlin
Sprach- und lite­ra­tur­wis­sen­schaft­liche Fakultät
Institut für Slawistik
Unter den Linden 6
10099 Berlin

Ein Interview mit Ivan Lovrenović, Verleger, Kulturhistoriker, Publizist, Sarajevo novinki: Ivo Andrić ist heute zur Waffe im Kampf zwischen den Nationen des ehemaligen Jugoslawien geworden. Kroaten und Serben streiten um seine Nationszugehörigkeit, Bosniaken und Serben um die politische Botschaft seiner Literatur. In Titos Jugoslawien war Andrić unumstritten. Was für ein Verhältnis hatte Tito zum Nobelpreisträger? Ivan Lovrenović: Ivo Andrić und Miroslav Krleža waren die beiden bedeutendsten jugoslawischen Schriftsteller und zwei Symbole

2011 und 2012 sind Jubiläumsjahre für Ivo Andrić, der mit seinen Romanen und Erzählungen über Bosnien Weltruhm erlangte. 1892 kam er als bosnischer Katholik auf die Welt, 1961 erhielt er den Literaturnobelpreis. Heute ist Andrić, einst als Brückenbauer zwischen den Nationen gefeiert, heftig umstritten. Ksenija Cvetković-Sander und Martin Sander führten Gespräche mit Andrić-Kennern aus Sarajevo, Višegrad, Travnik, Zagreb, Belgrad, Köln und Berlin.

Interview mit Bilal Memišević, Arabist, Vorsitzender des Gemeindeparlaments und Vorsitzender des Rates der Islamischen Gemeinde, Višegrad novinki: Sie arbeiten seit Jahren an der Erneuerung des muslimischen Lebens in Višegrad, das Ivo Andrić in seinem Roman Die Brücke über die Drina (Na Drini ćuprija) verewigte. Wie viele Muslime gibt es überhaupt in der Stadt, wie viele gab es vor dem Krieg? Bilal Memišević: Laut der letzten Volkszählung vor dem Krieg stellten die Bosniaken

Interview mit Miranda Jakiša, Professorin für Süd- und Ostslawische Literaturen an der Humboldt-Universität zu Berlin novinki: Zu jugoslawischer Zeit galt Ivo Andrić als ein Brückenbauer zwischen Nationen. Heute wird behauptet, er habe ein Land des Hasses geschildert, in dem die Differenzen zwischen den Religionen und Nationen als unüberbrückbar erscheinen. Welches Bild Bosniens zeichnet Ivo Andrić? Miranda Jakiša: Das ist eine gute und gleichzeitig auch schwierig zu beantwortende Frage, weil sie sehr differenziert

Interview mit Salmir Kaplan, Kulturminister der Föderation Bosnien-Herzegowina, Sarajevo novinki: Welchen Platz nimmt Ivo Andrić in der Kultur Bosnien-Herzegowinas ein? Salmir Kaplan: In Bosnien-Herzegowina haben die Menschen unterschiedliche Ansichten in Bezug auf Ivo Andrić, so wie andernorts auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens auch. Es gibt Menschen, die ihn unterstützen, es gibt Menschen, die gegen ihn sind, und es gibt welche, die sich in einem Zwiespalt befinden. Wir als Ministerium finanzieren eine

Ein Interview mit Michael Müller, Slawist, wissenschaftlicher Assistent an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln novinki: Sie sind Autor einer Monographie zur Selbst- und Fremdwahrnehmung der bosnischen Völker in der Prosa der bosnischen Autoren Isak Samokovlija und Ivo Andrić. Wie verständigen sich die einzelnen religiösen Gemeinschaften Bosniens im Werk von Ivo Andrić? Gibt es da nur ein Gegeneinander oder auch ein Wir-Gefühl? Michael Müller: In der historischen Prosa Andrićs, die weit

Interview mit Tihomir Brajović, Professor für südslawische Komparatistik an der Philologischen Fakultät der Universität Belgrad novinki: Wo hat Ivo Andrić heute seinen Platz in der serbischen Kultur- und Literaturgeschichte? Tihomir Brajović: Andrić hat einen herausragenden Platz in der Geschichte der serbischen Literatur und Kultur. Nach allgemeinem Verständnis ist er einer der bedeutendsten serbischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, zugleich sieht man ihn hier auch als einen südslawischen – früher sagte man „jugoslawischen“ –

Interview mit Dragan Dragojlović, Leiter der Ivo-Andrić-Stiftung in Belgrad und Schriftsteller novinki: Die Feier zum 50. Jubiläum der Vergabe des Nobelpreises an Ivo Andrić wird von einem Gerichtsprozess überschattet, der zwischen der Ivo-Andrić-Stiftung und dem kroatischen Kulturverein Matica hrvatska aus Sarajevo ausgefochten wird. Ihre Stiftung hat die Matica hrvatska verklagt, weil sie vier Werke Andrićs in der Reihe „Kroatische Literatur Bosnien-Herzegowinas in 100 Bänden“ veröffentlichte. Die Stiftung wehrt sich gegen die

Interview mit Dževad Karahasan, Schriftsteller und Professor für Komparatistik an der Philosophischen Fakultät der Universität Sarajevo novinki: In den 1960er Jahren stand Ivo Andrić im Zenit seines Ruhmes. Zu dieser Zeit sind Sie, Kind muslimischer Eltern, im jugoslawischen Bosnien-Herzegowina zur Schule gegangen. Wie haben Sie als Schüler Andrić gelesen? Können Sie sich noch daran erinnern? Dževad Karahasan: Ja, selbstverständlich kann ich mich noch recht gut daran erinnern. Ich musste in der Schule

Interview mit Krešimir Nemec, Professor für kroatische Literatur an der Philosophischen Fakultät der Universität Zagreb novinki: Anlässlich des 50. Jubiläums des Nobelpreises von Ivo Andrić setzten Sie sich dafür ein, Andrićs Werke in Zagreb neu zu drucken. Wie weit sind Sie in Ihrem Vorhaben gekommen? Krešimir Nemec: Im August 2010 habe ich der Kulturorganisation Matica hrvatska den Vorschlag übersandt, in der exklusiven Edition „Jahrhunderte kroatischer Literatur“ ausgewählte Werke von Ivo Andrić in