Jacek Dehnel sehnt sich nach dem Kaiserpanorama
Was haben ein Liliputaner, eine halbnackte Salome mit abgeschnittenem Kopf auf einem silbernen Tablett, ein Geige spielender Soldat und sechs transsilvanische Frauen in schwarzen Hüten gemeinsam? Sie alle – und nicht nur sie! – sind Figuren aus Jacek Dehnels "Fotoplastikon". Aber keine Sorge: Es handelt sich hier keineswegs um eine Kuriositätensammlung, auch wenn sich das Buch nicht eindeutig einer literarischen Gattung zuordnen lässt.
Inmitten der Zeitflussschleife. Olga Martynovas erster Roman Sogar Papageien überleben uns
Gattungen sind Sprachen: Sie kennen bestimmte Tonlagen, ihr eigenes Gedächtnis und ihre eigenen Unaussprechlichkeiten. Vielleicht ist es darum kein Zufall, dass die in Deutschland lebende und bisher russischsprachige Lyrikerin Olga Martynova bei ihrem Wechsel in die Prosa auch die Sprache eintauschte, oder umgekehrt: dass sie den Eintritt in die deutsche Sprache zum Anlass nahm, sich eine neue Gattung anzueignen.
Oratorium für Frauenstimme und gemischten Chor. Marina Ljubaskinas Gemorroj ili Marinočka, ty takaja nežnaja!
Diese Stadt kann auch weiß sein – Der neue Erzählband von Tzveta Sofronieva
Die bulgarischstämmige Autorin Tzveta Sofronieva hat sich bislang vor allem durch ihre Lyrik und ihre Literaturinstallationen einen Namen gemacht. 2009 wurde sie anlässlich der Publikation ihres ersten komplett deutschsprachigen Gedichtbandes "Eine Hand voll Wasser" für ihr deutschsprachiges Gesamtwerk mit dem Adalbert-von-Chamisso-Förderpreis ausgezeichnet.
Von Briefen in Keilschrift und schwarzweißen Lämmern
Mit seinem 2008 erschienenen Debütroman "Milostný dopis klínovým písmem (Liebesbrief in Keilschrift)" avancierte der 1966 geborene Tomáš Zmeškal quasi über Nacht zum neuen Hoffnungsträger der tschechischen Literatur. Sein Roman über die Angehörigen einer Prager Familie bestach vor allem durch seine ungewöhnliche Erzählweise, die allerlei fremde Gattungen wie Briefe, Tagebuchaufzeichnungen und Träume integrierte und sich auf kluge und sehr charmante Weise unzähliger Anleihen nicht aus der tschechischen Literatur bediente.
Bestens präpariert. Al’herd Bacharėvičs Roman Die Elster auf dem Galgen
Man übersieht sie leicht. Dabei sitzt die Elster im Bild Pieter Bruegels d. Ä. genau im Mittelpunkt, auf dem Galgen. Wer die detail- und anspielungsreichen Arbeiten Bruegels betrachtet, sollte lange Weile haben und ganz Auge werden. Ähnliches gilt für den Roman "Die Elster auf dem Galgen" des belarussischen Schriftstellers Al’herd Bacharėvič, der sich nicht nur des bruegelschen Titels bedient.
Der Roman Vuk – eine antiutopische Vision der Zukunft Bosniens in Europa
Der Schriftsteller Veselin Gatalo beschreibt eine fiktive postapokalyptische Situation in der Zukunft: "Vuk" ist, so der Autor selbst, ein Roman über die Schuld. Gatalos fingierter Außenblick auf den historischen Kontext erfreut sich bei den Lesern Bosniens, Serbiens und Kroatiens zunehmender Beliebtheit.
Heuschreckenmusik
Die Dichterin Valžina Mort ist eine der wenigen Vertreterinnen einer neuen weissrussischen SchriftellerInnengeneration, die international Beachtung findet. Ihre kraftvollen prosanahen Gedichte lassen die oft tot geglaubte weissrussische Sprache lebendiger denn je erscheinen. Morts Gedichtband "Tränenfabrik" liegt in deutscher Übersetzung vor.
Hiob ohne Happy End
Jossel Rakover ist ein moderner Hiob – jedoch ohne Happy End. In der letzten Stunde seines Lebens, als der Widerstandskampf im Warschauer Ghetto schon aussichtlos verloren ist, schreibt er eine Nachricht an die Nachwelt und rechnet mit Gott ab.
Der Film – ein visuelles Museum der Revolution
Evgenij Dobrenko schreibt in "Muzej Revoljucii: Sovetskoe kino i stalinskij istoričeskij narrativ" über Literaturverfilmung im Stalinismus in historischer und ästhetischer Perspektive: Kino als Erfüllung der Erwartungen an das stalinistische Gesamtkunstwerk. Kino als Museum.