Redak­tion „novinki“

Hum­boldt-Uni­ver­sität zu Berlin
Sprach- und lite­ra­tur­wis­sen­schaft­liche Fakultät
Institut für Slawistik
Unter den Linden 6
10099 Berlin

“De-Ukrai­ni­sie­rung der Ukraine” als ulti­ma­tives Ziel des rus­si­schen Angriffskrieges

 

Unter dem Titel “Was Russ­land mit der Ukraine tun sollte” publi­ziert der ria-novosti-Jour­na­list Timofej Ser­ge­jcev einen 30-Jahr­plan der end­gül­tigen Aus­lö­schung der Ukraine, die mit dem Verbot des Lan­des­na­mens beginnt und in dau­er­haften Umer­zie­hungs- und Indok­tri­na­ti­ons­la­gern endet. Darin werden die zu erhal­tende “Unab­hän­gig­keit” und der ange­strebte “euro­päi­sche Weg” ebenso als Merk­male einer erfolg­rei­chen “Ver­schleie­rungs­po­litik” ‘ent­tarnt’ wie die Tat­sache, dass es keinen mani­festen Merk­male eines den 1930er Jahren ver­gleich­baren Natio­nal­so­zia­lismus in der Ukraine gibt (wie Führer, Ras­sen­ge­setze, Kon­zen­tra­ti­ons­lager usw.). Tat­säch­lich dauere die “Nazi­fi­zie­rung der Ukraine” nun schon über 30 Jahre lang – seit 1989 – an und könne daher nur durch eine totale “De-Ukrai­ni­sie­rung” beendet werden, die einen eben­so­langen Zeit­raum in Anspruch nehme und Maß­nahmen wir Umer­zie­hungs­lager und strenge Zenur und Infor­ma­ti­ons­über­wa­chung durch Russ­land erfor­dere. Abschlie­ßend wird – in einer wilden Mischung von Ver­satz­stü­cken aus Sowjet­nost­algie, rus­si­schem Mes­sia­nismus und his­to­ri­schem Eura­sia­nismus – dieser Plan als Dienst an der gesamten Mensch­heit aus­ge­geben: Wäh­rend sich Russ­land im 20. Jahr­hun­dert mehr­fach für Europa geop­fert hätte, z.B. indem es “das wich­tigste der west­li­chen Pro­jekte als Alter­na­tive zum Kapi­ta­lismus”, das “rote Pro­jekt”, rea­li­sierte und die Natio­nal­staaten wie auch den deut­schen Natio­nal­so­zia­lismus (hier als “mons­tröse Aus­ge­burt der Krise der west­li­chen Zivi­li­sa­tion” bezeichnet) besiegte, sei der neue Plan ein Dienst an der Befreiung der gesamten Mensch­heit, d.h. Russ­land würde “auf einem anderen Teil seines Erbes auf­bauen” und die “Füh­rungs­rolle im glo­balen Deko­lo­ni­sie­rungs­pro­zess” über­nehmen. Der erste Schritt dazu sei die Ent­na­zi­fi­zie­rung = De-Ukrai­ni­sie­rung = “Deko­lo­ni­sie­rung” der Ukraine.

 

Wir sind uns im Klaren dar­über, dass die Lek­türe dieses Arti­kels eine Zumu­tung ist, aber wir fühlen uns ver­pflichtet, einen Text wie diesen, in dem Begriffe von ihrer ein­ge­führten Bedeu­tung und von ihrer nach­weis­baren Refe­ren­tia­lität voll­kommen los­ge­löst und auf einen rein affek­tiven Gehalt redu­ziert und so als Instru­mente der Ori­en­tie­rung in der poli­ti­schen Wirk­lich­keit und in der Wirk­lich­keit der Hand­lungen und Fakten voll­kommen unbrauchbar werden, auch dem deutsch­spra­chigen Publikum in voller Länge zugäng­lich zu machen. Auch weil die auf ria-novosti publi­zierten Artikel dem Pro­gramm der rus­si­schen Regie­rung ent­spre­chen. Wir machen darauf auf­merksam, dass dieser Artikel in der ria-novosti pro­pa­gan­dis­ti­sche Zwecke ver­folgt, von denen wir uns klar distanzieren.

 

Der Ori­gi­nal­ar­tikel ist ⇒hier zu finden.

 

“Was Russ­land mit der Ukraine machen soll

 

Bereits im April letzten Jahres schrieben wir über die Unver­meid­bar­keit der Ent­na­zi­fi­zie­rung der Ukraine. Wir brau­chen keine nazis­ti­sche, ‚ban­de­ri­ti­sche‘ Ukraine [nach Stepan Ban­dera, umstrit­tener ukrai­ni­scher Natio­na­list, der in den 1930ern mit den Nazis kol­la­bo­riert hat; vgl. den Essay von Andrij Portnov https://www.nzz.ch/feuilleton/bandera-die-ideologische-aufladung-einer-historischen-figur-ld.1596257], einen Feind Russ­lands und ein Instru­ment des Wes­tens, um Russ­land zu zer­stören. Heute ist die Frage der Ent­na­zi­fi­zie­rung auf die prak­ti­sche Ebene gerückt.

 

Die Ent­na­zi­fi­zie­rung ist not­wendig, wenn ein bedeu­tender Teil des Volkes – höchst­wahr­schein­lich seine Mehr­heit – vom Nazi­re­gime beherrscht und in seine Politik hin­ein­ge­zogen wird. Das heißt, wenn die Hypo­these “das Volk ist gut – die Regie­rung ist schlecht” nicht funk­tio­niert. Die Aner­ken­nung dieser Tat­sache ist die Grund­lage der Ent­na­zi­fi­zie­rungs­po­litik und aller ihrer Akti­vi­täten, und die Tat­sache selbst ist ihr Gegenstand.

 

Die Ukraine befindet sich in genau dieser Situa­tion. Die Tat­sache, dass die ukrai­ni­schen Wähler für “Poro­schenkos Frieden” und “Zel­en­skys Frieden” gestimmt haben, sollte nicht in die Irre führen – die Ukrainer waren mit dem kür­zesten Weg zum Frieden durch einen Blitz­krieg, den die letzten beiden ukrai­ni­schen Prä­si­denten bei ihrer Wahl offen ange­deutet haben, durchaus zufrieden. Genau diese Methode der “Befrie­dung” der Anti­fa­schisten im Innern – durch totalen Terror – wurde in Odessa, Charkow, Dne­pro­pe­trowsk, Mariupol und anderen rus­si­schen Städten ange­wendet. Und das passte dem ukrai­ni­schen Durch­schnitts­bürger ganz gut. Die Ent­na­zi­fi­zie­rung umfasst eine Reihe von Maß­nahmen gegen­über der nazi­fi­zierten Masse der Bevöl­ke­rung, die tech­nisch gesehen nicht direkt als Kriegs­ver­bre­cher bestraft werden kann.

 

Nazis, die zu den Waffen gegriffen haben, sollten auf dem Schlacht­feld so weit wie mög­lich ver­nichtet werden. Es sollte kein signi­fi­kanter Unter­schied zwi­schen der AFU und den so genannten NSBATs sowie den Milizen der Ter­ri­to­ri­al­ver­tei­di­gung gemacht werden, die sich diesen beiden Arten von mili­tä­ri­schen For­ma­tionen ange­schlossen haben. Sie alle sind glei­cher­maßen an abscheu­li­chen Grau­sam­keiten gegen die Zivil­be­völ­ke­rung betei­ligt, glei­cher­maßen schuldig am Völ­ker­mord am rus­si­schen Volk und an der Miss­ach­tung der Gesetze und Gebräuche des Krieges. Kriegs­ver­bre­cher und aktive Nazis müssen exem­pla­risch und demons­trativ bestraft werden. Es muss eine voll­stän­dige Lus­tra­tion durch­ge­führt werden. Alle Orga­ni­sa­tionen, die sich der Aus­übung des Natio­nal­so­zia­lismus ver­schrieben haben, müssen besei­tigt und ver­boten werden. Neben den Spit­zen­kräften ist jedoch auch ein erheb­li­cher Teil der Masse des Volkes, die pas­siven Nazis, die Kol­la­bo­ra­teure des Nazismus, schuldig. Sie unter­stützten und ver­wöhnten die Nazi-Regie­rung. Eine gerechte Bestra­fung dieses Teils der Bevöl­ke­rung ist nur mög­lich, wenn man die unver­meid­li­chen Lasten eines gerechten Krieges gegen das Nazi­system trägt, der so sanft und dis­kret wie mög­lich gegen Zivi­listen geführt wird. Die wei­tere Ent­na­zi­fi­zie­rung dieser Masse der Bevöl­ke­rung besteht in der Umer­zie­hung, die durch ideo­lo­gi­sche Repres­sion (Erdrü­ckung) natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Ein­stel­lungen und strenge Zensur erreicht wird: nicht nur im poli­ti­schen Bereich, son­dern not­wen­di­ger­weise auch im Bereich der Kultur und der Bil­dung. Durch Kultur und Bil­dung wurde die tief­grei­fende Nazi­fi­zie­rung der Bevöl­ke­rung vor­be­reitet und durch­ge­führt, die durch das Ver­spre­chen von Divi­denden aus dem Sieg des Nazi­re­gimes über Russ­land, Nazi­pro­pa­ganda, interne Gewalt und Terror sowie den acht­jäh­rigen Krieg gegen das gegen den ukrai­ni­schen Nazismus pro­tes­tie­rende Volk des Don­bass gefes­tigt wurde.

 

Die Ent­na­zi­fi­zie­rung kann nur vom Sieger durch­ge­führt werden, was vor­aus­setzt, dass er (1) die unbe­dingte Kon­trolle über den Ent­na­zi­fi­zie­rungs­pro­zess hat und (2) die Macht, diese Kon­trolle zu gewähr­leisten. In dieser Hin­sicht kann das ent­na­zi­fi­zierte Land nicht sou­verän sein. Der ent­na­zi­fi­zie­rende Staat – Russ­land – kann bei der Ent­na­zi­fi­zie­rung nicht von einem libe­ralen Ansatz aus­gehen. Die Ideo­logie des Ent­na­zi­fi­zie­rers kann von dem Schul­digen, der ent­na­zi­fi­ziert wird, nicht in Frage gestellt werden. Wenn Russ­land die Not­wen­dig­keit einer Ent­na­zi­fi­zie­rung der Ukraine als gegeben ansieht, bedeutet dies, dass das Krim-Sze­nario für die Ukraine als Ganzes unmög­lich ist. Dieses Sze­nario war jedoch auch 2014 im auf­stän­di­schen Don­bass unmög­lich. Nur acht Jahre Wider­stand gegen die Gewalt und den Terror der Nazis führten zu einem inneren Zusam­men­halt und zu einer bewusst unmiss­ver­ständ­li­chen Wei­ge­rung der Masse, irgend­eine Art von Ein­heit und Ver­bin­dung zur Ukraine auf­recht­zu­er­halten, die sich selbst als eine Nazi­ge­sell­schaft definierte.

 

Der Zeit­rahmen für die Ent­na­zi­fi­zie­rung kann auf keinen Fall kürzer sein als eine Gene­ra­tion, die unter den Bedin­gungen der Ent­na­zi­fi­zie­rung geboren werden, wachsen und reifen muss. Die Nazi­fi­zie­rung der Ukraine dauert nun schon seit über 30 Jahren an – min­des­tens seit 1989, als der ukrai­ni­sche Natio­na­lismus einen legalen und legi­timen poli­ti­schen Aus­druck fand und die Bewe­gung für die “Unab­hän­gig­keit” in Rich­tung Natio­nal­so­zia­lismus führte.

 

Die Beson­der­heit der heu­tigen nazi­fi­zierten Ukraine ist ihr amor­pher und ambi­va­lenter Cha­rakter, der es ihr erlaubt, den Nazismus als Wunsch nach “Unab­hän­gig­keit” und einem “euro­päi­schen” (west­li­chen, pro-ame­ri­ka­ni­schen) Weg der “Ent­wick­lung” zu ver­schleiern (in Wirk­lich­keit ist es eine Degra­die­rung), zu behaupten, dass “es in der Ukraine keinen Nazismus gibt, son­dern nur pri­vate spo­ra­di­sche Exzesse”. Es gibt keine Haupt-Nazi-Partei, keinen Führer, keine voll­wer­tigen Ras­sen­ge­setze (nur eine abge­speckte Ver­sion in Form der Unter­drü­ckung der rus­si­schen Sprache). Infol­ge­dessen gibt es keine Oppo­si­tion und keinen Wider­stand gegen das Regime.

 

All dies macht den ukrai­ni­schen Natio­nal­so­zia­lismus jedoch nicht zu einer “Light-Ver­sion” des deut­schen Natio­nal­so­zia­lismus in der ersten Hälfte des zwan­zigsten Jahr­hun­derts. Im Gegen­teil – da der ukrai­ni­sche Natio­nal­so­zia­lismus frei von sol­chen “Genre”-Rahmen und ‑Ein­schrän­kungen ist, ent­faltet er sich frei als grund­le­gende Basis des gesamten Natio­nal­so­zia­lismus – als euro­päi­scher und, in seiner aus­ge­präg­testen Form, ame­ri­ka­ni­scher Ras­sismus. Daher kann die Ent­na­zi­fi­zie­rung nicht im Rahmen eines Kom­pro­misses erfolgen, der auf einer Formel wie “NATO – nein, EU – ja” beruht. Der kol­lek­tive Westen selbst ist der Kon­struk­teur, die Quelle und der Sponsor des ukrai­ni­schen Nazismus, wäh­rend die west­li­chen Ban­dera-Kader und ihr “his­to­ri­sches Gedächtnis” nur eines der Werk­zeuge der Nazi­fi­zie­rung der Ukraine sind. Der Ukro­na­zismus ist für den Frieden und Russ­land nicht weniger bedroh­lich als der deut­sche Natio­nal­so­zia­lismus in der Form Hitlers.

 

Der Name “Ukraine” kann offen­sicht­lich nicht als Bezeich­nung für ein voll­ständig ent­na­zi­fi­ziertes Staats­ge­bilde auf einem vom Nazi­re­gime befreiten Gebiet bei­be­halten werden. Die in den von den Nazis befreiten Gebieten neu gegrün­deten Volks­re­pu­bliken müssen und werden aus der Praxis der wirt­schaft­li­chen Selbst­ver­wal­tung und der sozialen Für­sorge, der Wie­der­her­stel­lung und Moder­ni­sie­rung der Lebens­grund­lagen der Bevöl­ke­rung erwachsen.

 

Ihre poli­ti­schen Bestre­bungen können kei­nes­falls neu­tral sein – die Wie­der­gut­ma­chung der Schuld gegen­über Russ­land, weil es als Feind behan­delt wurde, kann nur in Abhän­gig­keit von Russ­land in den Pro­zessen des Wie­der­auf­baus, der Erneue­rung und der Ent­wick­lung erfolgen. Ein “Mar­shall­plan” für diese Gebiete sollte nicht zuge­lassen werden. Es kann keine “Neu­tra­lität” im ideo­lo­gi­schen und prak­ti­schen Sinne geben, die mit einer Ent­na­zi­fi­zie­rung ver­einbar wäre. Die Kader und Orga­ni­sa­tionen, die die Instru­mente der Ent­na­zi­fi­zie­rung in den neuen ent­na­zi­fi­zierten Repu­bliken sind, können sich nur auf die direkte Macht und orga­ni­sa­to­ri­sche Unter­stüt­zung Russ­lands verlassen.

 

Die Ent­na­zi­fi­zie­rung wird unwei­ger­lich eine Ent-Ukrai­ni­sie­rung sein – eine Absage an die von den sowje­ti­schen Behörden ein­ge­lei­tete künst­liche Auf­blä­hung der eth­ni­schen Kom­po­nente der Selbst­iden­ti­fi­ka­tion der Bevöl­ke­rung in den Gebieten des his­to­ri­schen Mal­orossia und Novor­ossia. Als Instru­ment der kom­mu­nis­ti­schen Super­macht ver­waiste und ver­küm­merte der künst­liche Eth­no­zen­trismus auch nach dem Fall des Kom­mu­nismus nicht. Viel­mehr wurde er von einer anderen Super­macht (über­staat­li­chen Macht) über­nommen – der Super­macht des Wes­tens. Sie muss in ihre natür­li­chen Grenzen zurück­ge­führt und darf keine poli­ti­sche Funk­tion mehr haben.

 

Anders als etwa Geor­gien und die bal­ti­schen Länder ist die Ukraine, wie die Geschichte gezeigt hat, als Natio­nal­staat unmög­lich, und der Ver­such, einen sol­chen Staat “auf­zu­bauen”, führt unwei­ger­lich zum Natio­nal­so­zia­lismus. Das Ukrai­nertum ist eine künst­liche anti­rus­si­sche Kon­struk­tion ohne eigenen zivi­li­sa­to­ri­schen Inhalt, ein unter­ge­ord­netes Ele­ment einer fremden und ent­frem­deten Zivi­li­sa­tion. Die Ent­na­zi­fi­zie­rung an sich wird nicht aus­rei­chen, um die Ukraine zu ent­na­zi­fi­zieren – das Ban­dera-Ele­ment hat nur eine Deck­funk­tion, ist nur eine Ver­klei­dung für das euro­päi­sche Pro­jekt der Nazi-Ukraine, und so muss die Ent­na­zi­fi­zie­rung der Ukraine auch ihre unver­meid­liche Ent-Euro­päi­sie­rung sein.

 

Die ban­de­row­schen Füh­rungs­kräfte müssen besei­tigt werden; es ist unmög­lich, sie umzu­er­ziehen. Der gesell­schaft­liche “Sumpf”, der die Ban­dera-Spitze aktiv und passiv durch Han­deln und Nicht­han­deln unter­stützt hat, soll die Härten des Krieges über­stehen und die Erfah­rung als his­to­ri­sche Lek­tion und Sühne für seine Schuld ver­ar­beiten. Die­je­nigen, die das Nazi­re­gime nicht unter­stützt haben, die unter ihm und dem Krieg, den es im Don­bass ent­fes­selt hat, gelitten haben, müssen kon­so­li­diert und orga­ni­siert werden, sie müssen zur Stütze der neuen Regie­rung werden, sowohl ver­tikal als auch hori­zontal. Die his­to­ri­sche Erfah­rung zeigt, dass die Tra­gö­dien und Dramen der Kriegs­zeit letzt­lich den Völ­kern zugute kommen, die sich von der Rolle des Feindes Russ­lands ver­führen und mit­reißen ließen.

 

Die Ent­na­zi­fi­zie­rung als Ziel der spe­zi­ellen Mili­tär­ope­ra­tion selbst wird als mili­tä­ri­scher Sieg über das Kiewer Regime, die Befreiung der Gebiete von bewaff­neten Anhän­gern der Nazi­fi­zie­rung, die Aus­schal­tung unnach­gie­biger Nazis, die Ergrei­fung von Kriegs­ver­bre­chern und die Schaf­fung der sys­te­mi­schen Vor­aus­set­zungen für eine spä­tere Ent­na­zi­fi­zie­rung in Frie­dens­zeiten verstanden.

 

Diese wie­derum sollte mit der Orga­ni­sa­tion der lokalen Selbst­ver­wal­tung, der Polizei und der Ver­tei­di­gung beginnen, die von natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ele­menten gesäu­bert werden und auf deren Grund­lage die Grün­dungs­pro­zesse zur Schaf­fung einer neuen repu­bli­ka­ni­schen Staat­lich­keit ein­ge­leitet werden, wobei diese Staat­lich­keit in enger Zusam­men­ar­beit mit der rus­si­schen Ent­na­zi­fi­zie­rungs­be­hörde (die neu geschaffen oder z.B. aus Rosso­trud­ni­chestvo umge­wan­delt wird) inte­griert wird und der repu­bli­ka­ni­sche Rege­lungs­rahmen (Gesetz­ge­bung) für die Ent­na­zi­fi­zie­rung unter rus­si­scher Kon­trolle ange­nommen wird, wobei die Grenzen und der Rahmen direkt fest­ge­legt werden. Russ­land sollte in dieser Hin­sicht als Hüter des Nürn­berger Pro­zesses auftreten.

 

All dies bedeutet, dass zur Errei­chung der Ziele der Ent­na­zi­fi­zie­rung die Unter­stüt­zung der Bevöl­ke­rung, ihr Über­gang zu Russ­land nach der Befreiung von Terror, Gewalt und ideo­lo­gi­schem Druck des Kiewer Regimes, nach der Auf­he­bung der infor­ma­tio­nellen Iso­la­tion, not­wendig ist. Natür­lich wird es einige Zeit dauern, bis sich die Men­schen von dem Schock der Mili­tär­ak­tion erholt haben und von den lang­fris­tigen Absichten Russ­lands über­zeugt sind – dass “sie nicht im Stich gelassen werden”. Es ist unmög­lich, im Voraus zu sagen, in wel­chen Gebieten diese Bevöl­ke­rungs­masse eine drin­gend benö­tigte Mehr­heit bilden wird. Es ist unwahr­schein­lich, dass die “katho­li­sche Pro­vinz” (West­ukraine, die fünf Regionen umfasst) zu den pro-rus­si­schen Gebieten gehört. Die Grenze des Aus­schlusses wird jedoch in der Praxis gefunden. Eine Russ­land feind­lich gesinnte, aber zwangs­neu­trale und ent­mi­li­ta­ri­sierte Ukraine mit offi­ziell ver­bo­tenem Natio­nal­so­zia­lismus wird schließ­lich zurück­bleiben. Russ­land­hasser werden dorthin gehen. Eine Garantie dafür, dass diese Rest-Ukraine neu­tral bleibt, sollte die Andro­hung einer sofor­tigen Fort­set­zung der Mili­tär­ope­ra­tion sein, wenn die auf­ge­führten Anfor­de­rungen nicht erfüllt werden. Dies würde wahr­schein­lich eine stän­dige rus­si­sche Mili­tär­prä­senz auf dem Ter­ri­to­rium des Landes erfor­dern. Von der Ent­frem­dungs­linie bis zur rus­si­schen Grenze wäre das Ter­ri­to­rium der poten­ti­ellen Inte­gra­tion in die rus­si­sche Zivi­li­sa­tion, die in ihrem inneren Wesen anti­fa­schis­tisch ist.

 

Die Ope­ra­tion zur Ent­na­zi­fi­zie­rung der Ukraine, die mit der mili­tä­ri­schen Phase begann, wird in Frie­dens­zeiten der glei­chen Logik der Phasen folgen wie die mili­tä­ri­sche Ope­ra­tion. Auf jeder dieser Stufen müssen unum­kehr­bare Ver­än­de­rungen erreicht werden, die das Ergebnis der ent­spre­chenden Phase sind. Die not­wen­digen ersten Schritte der Ent­na­zi­fi­zie­rung können wie folgt defi­niert werden:

 

- Liqui­die­rung der bewaff­neten natio­nal­so­zia­lis­ti­schen For­ma­tionen (gemeint sind alle bewaff­neten For­ma­tionen der Ukraine, ein­schließ­lich der AFU) sowie der mili­tä­ri­schen, Infor­ma­tions- und Bil­dungs­in­fra­struktur, die ihre Tätig­keit unterstützt;

- die Bil­dung einer Volks­selbst­ver­wal­tung und einer Polizei (für Ver­tei­di­gung und öffent­liche Ord­nung) in den befreiten Gebieten, um die Bevöl­ke­rung vor dem Terror der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Unter­grund­gruppen zu schützen

- die Ein­rich­tung eines rus­si­schen Informationsraums;

- Rück­nahme von Unter­richts­ma­te­ria­lien und Verbot von Bil­dungs­pro­grammen auf allen Ebenen, die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche ideo­lo­gi­sche Hal­tungen enthalten;

- Mas­sen­er­mitt­lungen zur Fest­stel­lung der per­sön­li­chen Ver­ant­wor­tung für Kriegs­ver­bre­chen, Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit, Ver­brei­tung der NS-Ideo­logie und Unter­stüt­zung des NS-Regimes;

- Lus­tra­tion, Offen­le­gung der Namen von Kol­la­bo­ra­teuren des Nazi­re­gimes und ihrer Zwangs­ar­beit zum Wie­der­aufbau zer­störter Infra­struk­turen als Strafe für Nazi-Akti­vi­täten (aus dem Kreis der­je­nigen, die nicht mit der Todes­strafe oder einer Haft­strafe belegt werden)

- Ver­ab­schie­dung von pri­mären Ent­na­zi­fi­zie­rungs­maß­nahmen “von unten” auf lokaler Ebene unter rus­si­scher Kuratel, die jede Form der Wie­der­be­le­bung der NS-Ideo­logie verbieten;

- Die Errich­tung von Gedenk­stätten, Mahn­malen und Denk­mä­lern für die Opfer des ukrai­ni­schen Natio­nal­so­zia­lismus und die Bewah­rung des Andenkens an die Helden, die gegen ihn gekämpft haben;

- Die Auf­nahme einer Reihe von anti­fa­schis­ti­schen und ent­na­zi­fi­zie­renden Normen in die Ver­fas­sungen der neuen Volksrepubliken;

- Ein­rich­tung von stän­digen Ent­na­zi­fi­zie­rungs­stellen für einen Zeit­raum von 25 Jahren.

 

Russ­land wird bei der Ent­na­zi­fi­zie­rung der Ukraine keine Ver­bün­deten haben. Denn dies ist eine rein rus­si­sche Ange­le­gen­heit. Und auch, weil nicht nur die Ban­dera-Ver­sion der Nazi-Ukraine der Aus­rot­tung unter­worfen sein wird, son­dern auch und vor allem der west­liche Tota­li­ta­rismus, die auf­ge­zwun­genen Pro­gramme der zivi­li­sa­to­ri­schen Degra­die­rung und des Zusam­men­bruchs, die Mecha­nismen der Unter­ord­nung unter die Super­macht des Wes­tens und der USA.

 

Um den Plan der Ent­na­zi­fi­zie­rung der Ukraine umzu­setzen, muss Russ­land selbst end­lich seine pro-euro­päi­schen und pro-west­li­chen Illu­sionen auf­geben, um sich als letzte Instanz des Schutzes und der Bewah­rung jener Werte des his­to­ri­schen Europas (der Alten Welt) zu begreifen, die es ver­dient haben und die der Westen schließ­lich auf­ge­geben hat, nachdem er im Kampf um sich selbst ver­loren hat. Dieser Kampf setzte sich im 20. Jahr­hun­dert fort und mani­fes­tierte sich im Welt­krieg und in der Rus­si­schen Revo­lu­tion, die untrennbar mit­ein­ander ver­bunden waren.

 

Russ­land hat im zwan­zigsten Jahr­hun­dert alles getan, um den Westen zu retten. Es ver­wirk­lichte das wich­tigste west­liche Pro­jekt, die Alter­na­tive zum Kapi­ta­lismus, die die Natio­nal­staaten besiegte – das sozia­lis­ti­sche, rote Pro­jekt. Es hat den deut­schen Natio­nal­so­zia­lismus zer­schlagen, die mons­tröse Aus­ge­burt der Krise der west­li­chen Zivi­li­sa­tion. Der letzte Akt des rus­si­schen Altru­ismus war Russ­lands aus­ge­streckte Hand der Freund­schaft, für die Russ­land in den 1990er Jahren einen unge­heuren Schlag erhielt.

 

Alles, was Russ­land für den Westen getan hat, hat es auf seine eigenen Kosten getan, indem es die größten Opfer gebracht hat. Der Westen lehnte schließ­lich all diese Opfer ab, wer­tete Russ­lands Bei­trag zur Lösung der west­li­chen Krise ab und beschloss, sich an Russ­land für die selbstlos geleis­tete Hilfe zu rächen. Von nun an wird Russ­land seinen eigenen Weg gehen, ohne sich um das Schicksal des Wes­tens zu küm­mern, und dabei auf einem anderen Teil seines Erbes auf­bauen: der Füh­rungs­rolle im glo­balen Dekolonisierungsprozess.

 

Im Rahmen dieses Pro­zesses ver­fügt Russ­land über ein hohes Poten­zial für Part­ner­schaften und Bünd­nisse mit Län­dern, die der Westen jahr­hun­der­te­lang unter­drückt hat und die nicht die Absicht haben, erneut unter sein Joch zu geraten. Ohne die Opfer und den Kampf Russ­lands wären diese Länder nicht befreit worden. Die Ent­na­zi­fi­zie­rung der Ukraine ist gleich­zeitig ihre Deko­lo­ni­sie­rung, eine Tat­sache, die die ukrai­ni­sche Bevöl­ke­rung ver­stehen muss, wenn sie beginnt, sich von den Gespens­tern, Ver­su­chungen und Abhän­gig­keiten der soge­nannten euro­päi­schen Wahl zu befreien.”

 

Timofej Ser­ge­jcev (Phi­lo­soph, Metho­diker, Mit­glied des Zino­viev-Clubs bei der Nach­rich­ten­agentur Russia Today)

 

Komm. und Übers. Susanne Frank

 

Der Ori­gi­nal­ar­tikel ist ⇒hier zu finden.