Redak­tion „novinki“

Hum­boldt-Uni­ver­sität zu Berlin
Sprach- und lite­ra­tur­wis­sen­schaft­liche Fakultät
Institut für Slawistik
Unter den Linden 6
10099 Berlin

Artists’ Pri­vate Collections

Julia Fertig im Gespräch mit Ana­sta­sija Rjabova

 

Die junge Mos­kauer Künst­lerin Ana­sta­sija Rja­bova wurde für ihr Pro­jekt Artist’s Pri­vate Coll­ec­tions im Dezember 2011 mit dem rus­si­schen Kan­dinsky-Preis in der Kate­gorie Medi­en­kunst aus­ge­zeichnet. Am meisten davon über­rascht war wohl die Preis­trä­gerin selbst. Nicht nur, weil die Vita Rja­bovas im Gegen­satz zu der vieler anderer Nomi­nierter noch recht kurz ist, son­dern auch aus dem Grund, dass das prä­mierte Pro­jekt einen Gegen­ent­wurf zur gla­mou­rösen Kunst­preis­welt darstellt.
Artist’s Pri­vate Coll­ec­tions ist ein Inter­net­pro­jekt, das anhand der pri­vaten Samm­lungen von Künst­lern deren soziale Netz­werke visua­li­siert. Dar­über hinaus ist es eine im vir­tu­ellen Raum rea­li­sierte Utopie. Die Auto­nomie der Kunst von Markt, Kura­toren und anderen Instanzen wird als soziales Netz gedacht, in dem das Kunst­werk selbst das Bin­de­glied dar­stellt. Mit kri­ti­schem Pathos ent­wirft das Pro­jekt eine Utopie der alter­na­tiven Insti­tu­tio­na­li­sie­rung von Kunst, die den pri­vaten Raum des Ate­liers mit der maxi­malen Öffent­lich­keit des Inter­nets verbindet.
Über ihr prä­miertes Werk, den Kan­dinsky-Preis, den Wert des Pri­vaten in der Kunst und ihre wei­teren Pläne habe ich in Moskau mit Nastja gesprochen.

 

novinki: Woher kam die Idee zum Pro­jekt Artist’s Pri­vate Coll­ec­tions?

 

Ana­sta­sija Rja­bova: Das Pro­jekt ent­stand aus der Situa­tion, in der ich mich damals befand. Als junge Künst­lerin ist es sehr schwierig, sich Gehör zu ver­schaffen. Die Insti­tu­tionen der Kunst­welt sind sehr vor­sichtig und gehen das Risiko, unbe­kannte Künstler zu prä­sen­tieren, nicht gern ein. Ich hatte keine Mög­lich­keit, irgendwo aus­zu­stellen, erhielt überall Absagen und stand vor ver­schlos­senen Türen. Diese Situa­tion inspi­rierte mich dazu, eine Struktur zu schaffen, in der das Kunst­werk auf eine andere Art exis­tiert, und zwar mit Hilfe des offenen Raumes des Inter­nets. Ich prä­sen­tiere das Pri­vate als Ort, an dem Kunst­werke außer­halb der Gesetze der Insti­tu­tionen und des Marktes exis­tieren. Zu Hause in der Küche, im Ate­lier, in der Woh­nung. Später erkannte ich, dass das Pro­jekt stark in eine Tra­di­tion ein­ge­bettet ist, und dass es sich dar­über hinaus noch um ein Archiv han­delt. Die Eman­zi­pa­tion von den Insti­tu­tionen ist mir mit dem Pro­jekt zum Teil gelungen, aber auf eine beson­dere Weise: Die­selbe Logik, nach der man mich vorher aus­ge­schlossen hat, führte jetzt dazu, dass das Pro­jekt wahr­ge­nommen und ich „sozia­li­siert“ wurde. Das ist natür­lich paradox, dass alle Alter­na­tiven vom System ver­ein­nahmt werden.

 

n.: Du hast mit Hilfe dieses Pro­jektes dein eigenes Netz­werk kon­stru­iert. Ist es zusammen mit der Web­seite gewachsen?

 

A.R.: Ja, natür­lich, ich habe die Leute ja tat­säch­lich ken­nen­ge­lernt. Es haben sich Ver­bin­dungen zu Künst­lern ergeben, die am Pro­jekt teil­nehmen, von einigen hatte ich schon Werke in meiner Samm­lung. Kern des Pro­jekts ist die Inter­net­seite, auf der die Werke aus den Pri­vat­samm­lungen der Künstler vorgestellt werden. Heute können wir es ein Archiv nennen. Zum Groß­teil sind das Schen­kungen, die sym­bo­lisch für die Bezie­hungen zwi­schen den Leuten stehen.

 

n.: Ich möchte dich gern nach dem Archiv befragen. Ist das für dich eine Art Kon­zep­tua­lismus oder hat das Archiv auch eine prag­ma­ti­sche Bedeutung?

 

A.R.: Das Archiv ist ein inter­es­santes Moment. Mit­hilfe des Archivs wird die Kunst­ge­schichte mani­pu­liert. Wir ver­su­chen, den Akzent zu ver­schieben und mehr Hin­ter­grund­pro­zesse zu beleuchten, die von den offi­zi­ellen Insti­tu­tionen und vom Kunst­markt nicht wahr­ge­nommen werden. In Russ­land herrscht ein rauhes Klima. Mir haben Kunst­sammler ange­boten, das Pro­jekt zu kaufen, aber ich habe abge­lehnt, weil es mir wichtig ist, dass sich dieses Pro­jekt wider­setzt. Die vielen kleinen pri­vaten Samm­lungen stellen sich gegen die mega­lo­manen Kol­lek­tionen der ein­fluss­rei­chen Kunst­sammler. Ich weiß nicht, ob die Geste der Absage funk­tio­niert hat. Es mag sein, dass es sinn­voll gewesen wäre, das Pro­jekt zu ver­kaufen und seine Ent­wick­lung weiter zu reflek­tieren. Aber meine Freunde und ich haben uns eine andere Lösung aus­ge­dacht: Es wäre logisch, wenn das Pro­jekt seinen Besitzer wech­seln würde, in die Samm­lung eines anderen Künst­lers über­ginge. Aber eben an einen Künstler, nicht an einen Funk­tionär oder Kunst­sammler. Ich denke der­zeit dar­über nach, wer das sein könnte.

 

n.: Gibt es schon Ver­hand­lungen mit Freunden darüber?

 

A.R.: Nun ja, man hat mir schon 100 Rubel angeboten…

 

n.: Du hast im Dezember 2011 den Kan­dinsky-Preis für dieses Pro­jekt bekommen. Danach kam deine Insti­tu­tio­na­li­sie­rung wahr­schein­lich richtig ins Rollen?

 

A.R.: Das war ziem­lich trau­ma­tisch. Ich war mit mir selbst voll­kommen uneins. Auf der einen Seite war das eine Aner­ken­nung, aber gleich­zeitig dachte ich, ich will das alles nicht. Schön, dass ich durch den Preis finan­ziell unter­stützt wurde, davon konnte ich eine Weile leben, in das Pro­jekt inves­tieren, etwas Neues machen. Ande­rer­seits hat es mich scho­ckiert. Mich frus­triert dieses Denken: Du hast einen Preis bekommen, ok, also bist du jetzt Künstler. Dagegen muss man kämpfen, ich weiß nur noch nicht wie, das ist ein Teu­fels­kreis. Du brauchst ja das Geld. Ich habe mein Pro­jekt selbst beim Kan­dinsky-Preis ein­ge­reicht. Um das Pro­jekt weiter am Leben erhalten zu können, brauchte ich eine Finan­zie­rung. Aber zusammen mit dem Preis und dem Geld stürzt die ganze unan­ge­nehme Seite der Kunst­welt auf dich ein, gefolgt von den Medien.

 

n.: Weißt du nach wel­chen Kri­te­rien dein Pro­jekt aus­ge­wählt wurde? Du the­ma­ti­sierst ja im Werk selbst die Kunstwelt.

 

A.R.: Ehr­lich gesagt war ich davon über­zeugt, dass ich den Preis nicht bekommen werde. Hinter mir standen keine ein­fluss­rei­chen Leute, die mich hätten unter­stützen können. Ich hatte wider­sprüch­liche Gefühle. Als ich zur Preis­ver­lei­hung ging, dachte ich mir: „Wie absto­ßend ist das hier alles, Damen in Absatz­schuhen, wider­wärtig.“ Mir hatte keiner vorher Bescheid gesagt. Ich erfuhr es erst in dem Moment, als mein Name auf der Bühne aus­ge­rufen wurde. Ich hatte keine Rede vor­be­reitet, mir gar nicht über­legt, wie ich dazu stehen soll, falls ich den Preis bekommen sollte. Das System ist sehr kor­rupt. Aber wie sich her­aus­stellt, ver­kom­pli­ziert sich der Kapi­ta­lismus… Offenbar hat man erkannt, dass es nicht mehr zeit­gemäß ist, den Preis ein­fach an die kom­mer­ziell am besten ver­wert­bare Arbeit zu geben. Ich glaube, man hat ver­standen, dass Kunst­preise in der zivi­li­sierten Welt nicht dazu da sind, das Werk aus­zu­zeichnen, das du gerade selbst gekauft hast, um dessen sym­bo­li­schen Wert zu erhöhen. Der Kan­dinsky-Preis hat meiner Mei­nung nach lange so funk­tio­niert. Aber mir scheint, in diesem Jahr hat sich die poli­ti­sche Stra­tegie des Preises geändert.

 

n.: Ja, diesmal hatte die Preis­ver­lei­hung viel mit Politik zu tun. Ich war sehr ein­ver­standen mit den Ent­schei­dungen der Jury, aber das ändert nichts an der prin­zi­pi­ellen Situa­tion, dass ein Kunst­preis ein kom­mer­zi­elles und stark insti­tu­tio­na­li­siertes Instru­ment der Kunst­welt ist.

 

A.R.: Offenbar hat sich der Vektor der Kor­rup­tion geän­dert. Es wird nicht mehr plump besto­chen, jetzt geht es um kom­pli­zier­tere Mecha­nismen. Der Stifter des Preises poliert sein Image mit intel­lek­tu­el­leren Pro­jekten auf. Ins­ge­samt bin ich natür­lich froh über diese Ent­wick­lung, aber ande­rer­seits sehe ich auch ihre ganze Wider­sprüch­lich­keit. Es ist schon ziem­lich „post-insti­tu­ti­ons­kri­tisch“: Die Stra­tegie der Insti­tu­ti­ons­kritik hat aber auch im Westen dazu geführt, dass die Werke, die die Museen kri­ti­siert haben, zwanzig Jahre später in eben jenen Museen auftauchten…

 

n.: Weil auch die Insti­tu­tionen die Kritik ange­nommen und ihre Rolle umfor­mu­liert haben.

 

A.R.: Ja, aber gleich­zeitig denke ich, ein Werk zu ver­kaufen oder einen Preis dafür zu bekommen, das sind ver­schie­dene Dinge. Einen Preis zu bekommen ist ehr­li­cher und ver­zerrt nicht so stark die ursprüng­liche Idee des Pro­jekts. Im Gegen­teil, es zeigt sogar, dass eine Geste der Eman­zi­pa­tion, die auf die Über­win­dung der Grenzen des Sys­tems abzielt, erfolg­reich sein kann. Aber ich bin nicht so blind, um nicht zu ver­stehen, dass der Kampf gerade erst anfängt. Je kom­pli­zierter das Ver­hältnis zu den Insti­tu­tionen, desto größer ist die Ver­ant­wor­tung für jede Geste.

 

n.: Ist Artist’s Pri­vate Coll­ec­tions eines deiner wich­tigsten Pro­jekte? Ich habe den Ein­druck, dass du ihm sehr viel Zeit widmest.

 

A.R.: Nein, es liegt ein­fach daran, dass sich dieses Pro­jekt weiter ent­wi­ckelt. Ein Mega­pro­jekt, das umfang­reichste meiner Pro­jekte. Und im Moment denke ich in sol­chen Maß­stäben, weil ich die Pro­jekt­ar­beit inter­es­sant finde. Man darf nicht mehr nur in Bil­dern oder Objekten denken. Jedes Bild, jedes Objekt braucht eine große Sinn­schleife, die du selbst ent­wi­ckelst, denn ansonsten arti­ku­lieren die Medien oder die Kura­toren diesen Sinn an deiner Stelle. Wenn du nur ein Bild machst, dann inter­pre­tieren sie es auf ihre Weise um.

 

n.: Mich inter­es­siert das Sam­meln selbst. Wie hat das bei dir ange­fangen und wie beur­teilst du diese Geste in der Welt der Kunst?

 

A.R.: Irgend­wann begann mich die Pro­ble­matik des Sam­melns zu beschäf­tigen. Ich fing an, zum Thema Sam­meln zu recher­chieren und Inter­views mit Künst­lern zu führen. Die Samm­lungen, die in Artists’ Pri­vate Coll­ec­tions prä­sen­tiert werden, sind größ­ten­teils so ent­standen, wie sich bei einem Men­schen zu Hause Staub auf dem Schrank absetzt. Mir gefällt diese Meta­pher, ich finde sie nicht her­ab­wür­di­gend. Der ganze Staub, diese schä­bigen Blätter und Skizzen, sind etwas Bedeut­sames, wir werten sie auf und holen sie ans Licht. Wenn du als Künstler anfängst, hast du kein Geld, um monu­men­tale Werke zu schaffen, und du zeich­nest ewig auf kleinen Blät­tern irgend­welche Skizzen, Ideen, Ent­würfe. Nor­ma­ler­weise landet das bei Freunden, wird ver­schenkt, gerät in Ver­ges­sen­heit. Du bringst ein Bild­chen mit, zeigst es, und lässt es da. Aber eigent­lich ist dieser Staub sehr inter­es­sant, er ist das eigent­liche Objekt meiner For­schung! In großen Samm­lungen gibt es immer eine Kon­junktur, es wird ent­weder nach Themen oder nach Stil­rich­tungen gesam­melt, die die Kunst­wis­sen­schaftler schon defi­niert haben. Aber hier ist alles im Rohformat.

So viel zum Moment des Sam­melns. Dann habe ich begriffen, dass die eigent­liche poli­ti­sche und künst­le­ri­sche Kraft meines Pro­jektes woan­ders liegt. Mir war es wichtig, zu zeigen, dass der Kunst­be­sitzer mit seiner Samm­lung seine Defi­ni­tion von Kunst prä­sen­tiert. Das heißt in Bezug auf mein Pro­jekt, der Künstler ist gleich­zeitig auch Kunst­wis­sen­schaftler, Sammler, Legi­ti­mie­render und Museum. Es war mir wichtig, diese Rollen in Zusam­men­hang mit der Per­sön­lich­keit des betei­ligten Künst­lers zu zeigen.

 

n.: War es inter­es­sant für dich, die junge Gene­ra­tion in dein Pro­jekt einzubeziehen?

 

A.R.: Mir ist es wichtig, dass junge Leute auf sich auf­merksam machen können. Außerdem wollte ich zeigen, dass man durch die Aus­wahl der Werke neue Rela­tionen schaffen kann: eine ver­ti­kale Ver­bin­dung zwi­schen den Gene­ra­tionen, und eine hori­zon­tale Ver­bin­dung zwi­schen ver­schie­denen Kreisen inner­halb einer Gene­ra­tion. Die Kunst­wis­sen­schaftler und Jour­na­listen spe­ku­lieren dar­über, wer wel­cher Tra­di­tion ange­hört. Es ist dabei wichtig zu ver­stehen, dass du die­je­nigen, mit denen du befreundet bist, beein­flusst, und umge­kehrt. Die Kunst wird durch per­sön­liche Bezie­hungen (de)formiert und trans­for­miert. Freund­schaft­liche Gespräche, Inter­ak­tionen, gemein­same Abende am Küchen­tisch sorgen dafür, dass die Men­schen sich gegen­seitig inspirieren.

 

n.: Aber die Kunst­wis­sen­schaftler haben ihre Methoden, die Pro­zesse der Kano­ni­sie­rung dar­zu­stellen, wer wen beein­flusste und welche Gene­ra­tion wel­cher Tra­di­tion folgt. Ich glaube, der Künstler kann nur wenig Ein­fluss darauf nehmen, wie seine Werke wahr­ge­nommen werden.

 

A.R.: Ja, die Inter­pre­ta­tion kann unter­schied­lich sein, das ist wahr. Aber es gibt den Sinn, den du selbst hin­ein­legst und auf den du bestehst. Ich glaube, dass sich die Formen ständig wie­der­holen. Aber was jene Künstler unter­scheidet, die die gleiche Form gewählt haben, ist der von ihnen inten­dierte Sinn und der Kon­text. Die Kunst ist schließ­lich eine his­to­ri­sche Ange­le­gen­heit, sie ist mit einer bestimmten Zeit ver­bunden. Und selbst wenn sich die Form wie­der­holt, so ist doch die Ent­ste­hungs­ge­schichte dieses Werks eine andere.

 

n.: Mich inter­es­siert, warum du die per­sön­li­chen Bezie­hungen und das gegen­sei­tige Beein­flussen so stark betonst?

 

A.R.: Ich habe durch dieses Pro­jekt sehr viele Leute kennen gelernt. Und ich habe mich intensiv mit der rus­si­schen Kunst­ge­schichte beschäf­tigt. So lief das auch mit Andrej Monastyr­skij. Er hat eine gigan­ti­sche Samm­lung, aus der er mir zunächst einige Arbeiten zeigte. Aber dann begeis­terte er sich sehr für mein Pro­jekt. Die Kon­zep­tua­listen sind in meinem Pro­jekt des­halb stark ver­treten, weil Monastyr­skij mir half, mit ihnen in Ver­bin­dung zu treten. Es geht also um diese per­sön­li­chen Ver­bin­dungen und den per­sön­li­chen Ein­fluss Monastyr­s­kijs auf mich. Es ist doch inter­es­sant, wie Kunst­ge­schichte ent­steht! Bis zum Zusam­men­bruch der Sowjet­union gab es eine offi­zi­elle Kunst und eine alter­na­tive um die Gruppe Kol­lek­tivnye dejst­vija (Kol­lek­tive Aktionen) [deren Mit­be­gründer Andrej Monastyr­skij ist. J.F.]. Und heute ent­wi­ckeln sich so viele Ansichten wie es Autoren gibt. Mich inter­es­siert, woher die ver­schie­denen Ver­sionen kommen. Es gibt His­to­riker, die ver­su­chen, auf der Grund­lage der per­sön­li­chen Archive Geschichte zu schreiben, anhand von Notizen, Briefwechseln…

 

n.: Den Archiven kann man keine alter­na­tive Geschichte ent­nehmen. Das Archiv war bis zur Mitte des 20. Jahr­hun­derts überall auf der Welt aus­schließ­lich eine Insti­tu­tion der Macht. Dort wurde nur das auf­be­wahrt, was für die jewei­lige Geschichts­in­ter­pre­ta­tion als nütz­lich galt.

 

A.R.: Aber da ist dieser berüch­tigte per­sön­liche Faktor! Die per­sön­li­chen Bezie­hungen waren zu Sowjet­zeiten die Grund­lage der Gesell­schaft. Die Men­schen orga­ni­sierten sich Struk­turen, inner­halb derer man ein­ander ver­trauen konnte. Diese spe­zi­fi­sche Men­ta­lität ist zum Teil bis heute erhalten. Und das wird jetzt zu Recht kri­ti­siert, weil es nichts anderes als Vet­tern­wirt­schaft ist, wo der eine dem anderen etwas zuschanzt. Ich bin aber der Mei­nung, dass der per­sön­liche Faktor trotzdem exis­tieren muss, weil er das ein­zige ist, was wir dem Pro­fes­sio­na­lismus ent­ge­gen­setzen können, der nicht im Geringsten etwas mit mensch­li­chen Bezie­hungen zu tun hat. Diese per­sön­li­chen Momente möchte ich in Artists’ Pri­vate Coll­ec­tions hervorheben.

 

n.: Pro­fes­sio­nelle Archi­vare ver­si­chern, dass es objek­tive Gründe dafür gibt, warum sie ein Stück auf­nehmen oder nicht. Aber auch dort gibt es den per­sön­li­chen Faktor.

 

A.R.: Das ist beden­kens­wert. Was stellen wir dem Per­sön­li­chen gegen­über – die Mecha­ni­sie­rung, Auto­ma­ti­sie­rung, Pro­fes­sio­na­li­sie­rung? Dagegen leistet mein Pro­jekt Wider­stand und ist ein Ver­such, gegen diese Rea­lität der Kunst anzugehen.

 

n.: Vielen Dank, Nastja, das ist ein opti­mis­ti­scher Schluss für unser Gespräch!

 

Wei­ter­füh­rende Links:
http://nastyaryabova.com/
http://artistsprivatecollections.org/

Über­set­zung aus dem Rus­si­schen von Annette Merbach.