Redak­tion „novinki“

Hum­boldt-Uni­ver­sität zu Berlin
Sprach- und lite­ra­tur­wis­sen­schaft­liche Fakultät
Institut für Slawistik
Unter den Linden 6
10099 Berlin

Holo­caust-Gedenken in Kyiv: Im Fokus hybrider Kriegs­stra­te­gien? Topo­gra­phie des kom­plexen Erin­ne­rungs­dis­kurses um Babyn Jar

Dieser Text wurde kurz vor Beginn des bru­talen Angriffs­krieges Russ­lands in der Ukraine am 24. Februar ver­fasst. Am Dienstag, 1. März, wurde der Kyiver Fern­seh­turm, 1973 in unmit­tel­barer Nähe zur Gedenk­stätte Babyn Jar errichtet, Ziel eines Rake­ten­an­griffs. Auch wenn der Erin­ne­rungsort wohl nicht direkt getroffen wurde, wird diese Epi­sode der ruch­losen Kriegs­füh­rung Russ­lands von Kommentator*innen als sym­bo­li­scher Gewaltakt scharf ver­ur­teilt. Putins soge­nannte „Entnazifizierungs“-Maßnahmen zielen aus­ge­rechnet auf ein im Zen­trum des Erin­ne­rungs­krieges ste­hendes Mahnmal: das Holo­caust-Symbol Babyn Jar. Der ukrai­ni­sche Prä­si­dent Selen­skyj fragte am Abend des Angriffs in einem Tweet: “Wofür ‘Nie wieder’ 80 Jahre lang wie­der­holen, wenn die Welt, wenn eine Bombe auf Babyn Jar fällt, schweigt? 5 wei­tere Leben sind ver­loren. Die Geschichte wie­der­holt sich…”

Seit Jahr­zehnten wird in der ukrai­ni­schen Haupt­stadt um eine ange­mes­sene Sprache gerungen, um dem Gedächtnis an die Babyn Jar-Tra­gödie eine ange­mes­sene Form zu ver­leihen. Auf glo­bal­po­li­ti­scher Ebene avan­ciert diese Suche zu einem abs­trakten Kräf­te­messen zwi­schen einer “ukrai­ni­schen” und einer “rus­si­schen” Lesart der Geschichte, um das “rich­tige” Holo­caust-Gedenken – aber auch um die Aus­for­mung eines aktua­li­sierten ukrai­ni­schen Selbst­bildes, das ange­sichts einer dro­henden Aus­wei­tung der rus­si­schen Kriegs­hand­lungen aktu­eller denn je erscheint. Nachdem die his­to­ri­sche Stätte in den letzten Jahren ver­stärkt in den Fokus des ukrai­ni­schen Holo­caust-Geden­kens gerückt war, wen­dete sich am 27. Januar 2022, dem inter­na­tio­nalen Holo­caust-Gedenktag, einer der wich­tigsten Rab­biner der Ukraine, Rabbi Moshe Azmann, vom schnee­be­deckten Babyn-Jar-Gelände aus mit einem Appell an Prä­si­dent Putin: Er solle keinen Krieg mit der Ukraine beginnen, nicht erneut Zer­stö­rung über das Land bringen. Diese Epi­sode illus­triert: Babyn Jar fällt – auch im poli­tisch zuge­spitzten “Ukraine-Russ­land-Kon­flikt” – eine unge­mein hohe Sym­bol­kraft zu.

Gerade einmal zwei Sta­tionen sind es vom Stadt­zen­trum aus mit der Metro­linie 3 bis zur Sta­tion Doro­ho­schyt­schi. Tritt man aus dieser beson­ders tief unter der Erde gele­genen Metro­sta­tion an die Luft, setzt man den Fuß – ob bewusst oder nicht – auf von NS-Ver­bre­chen geschän­deten, sym­bo­lisch gesät­tigten Boden: Die Schlucht Babyn Jar, in der die Nazis am 29. und 30. Sep­tember 1941 33.771 jüdi­sche Bürger*innen von Kyiv und in den fol­genden Monaten zehn­tau­sende wei­tere Men­schen erschossen, ist heute ein Park. Nord­öst­lich des Stadt­zen­trums gelegen, wird er für gewöhn­lich von Anwohner*innen oder zufäl­ligen Passant*innen fre­quen­tiert. Nur selten hält jemand vor einem der viel­ge­stal­tigen Erin­ne­rungs­zei­chen inne, die – wie will­kür­lich – auf dem Gelände der his­to­ri­schen Schutz­zone ver­teilt sind. Seitdem in der unab­hän­gigen Ukraine ein dif­fe­ren­ziertes Gedenken an den Holo­caust in der Öffent­lich­keit mög­lich wurde, ist “Babyn Jar” (Babyn Jar ist die ukrai­ni­sche, Babij Jar die rus­si­sche Trans­li­te­ra­tion; ins Eng­li­sche wird das Toponym mit Babi Yar über­tragen) zu einem Symbol für den ”Holo­caust durch Kugeln” geworden: So bezeich­nete Patrick Des­bois, fran­zö­si­scher Pfarrer und Buch­autor, die ras­sis­tisch moti­vierten Mas­sen­er­schie­ßungen in Ost­eu­ropa, die der sys­te­ma­ti­schen Ver­nich­tung von Jüdinnen und Juden durch den “muni­ti­ons­spa­renden” Ein­satz von Gas­kam­mern vor­aus­ge­gangen war.

 

Natio­nales Gedenken: 80 Jahre nach Babyn Jar

Am Abend des 5. Okto­bers 2021 scheint der “gewöhn­liche” Park­be­trieb in Bewe­gung ver­setzt: Gäste einer der vielen fei­er­li­chen Ver­an­stal­tungen, der Pre­miere des Films “Babi Yar. Con­text” des in Deutsch­land lebenden ukrai­ni­schen Regis­seurs Sergei Loz­nitsa – im Rahmen des 80. Jah­res­ge­den­kens vom Babyn Yar Holo­caust Memo­rial Centre (BYHMC), dem Natio­nalen His­to­ri­schen Gedächt­nis­re­servat “Babyn Jar” sowie Prä­si­di­al­büro und Minis­ter­ka­bi­nett an ver­schie­denen Orten der ukrai­ni­schen Haupt­stadt aus­ge­tragen – mischen sich unter das Park­pu­blikum. Achtsam aber ziel­ge­richtet bahnen sie sich ihren Weg durch die unüber­sicht­liche, bedeu­tungs­schwere Parkt­opo­gra­phie. Der Erin­ne­rungs­raum von Babyn Jar, heute an einem urbanen Kno­ten­punkt, zwi­schen der Kreu­zung von Olena Teliha bzw. Yurij Ill­jenka Straße und der Kirche des Hl. Kyrill gelegen, setzt sich aus rund drei Dut­zend Denk­mä­lern zusammen, die im Laufe der Jahr­zehnte im Andenken an die ver­schie­denen hier ermor­deten Opfer­gruppen auf­ge­stellt wurden. Was fehlt: Ein staat­li­ches Denkmal, wel­ches das frag­men­tierte Gedächtnis von Babyn Jar ordnen und eine pas­sende Form – eine Sprache – sowohl für den lokalen Kyiver Kon­text als auch den glo­balen Holo­caust-Kon­text arti­ku­lieren würde. Bereits die Tat­sache, dass die breite Auto­trasse ent­lang der his­to­ri­schen Stätte der ukrai­ni­schen Dich­terin, Natio­na­listin und Her­aus­ge­berin der Lite­ra­tur­zeit­schrift Ukrayins’ke Slovo, Olena Teliha, einer glü­henden Anti­se­mitin, gewidmet wurde, kann als Hin­weis auf die Kom­ple­xität des Ortes gelesen werden – und damit des poly­phonen Erin­ne­rungs­dis­kurses um Babyn Jar, den zu ent­wirren Anliegen dieses Textes ist.

Bewegt man sich am Denkmal für die in Babyn Jar ermor­deten Kinder, dann am den Genozid an ukrai­ni­schen Roma erin­nernden Eisen­bahn­waggon vorbei; lässt man auch das 2019 über dem his­to­ri­schen Ort des Mas­sa­kers eröff­nete “Spie­gel­feld” rechter Hand sowie das neu­este Objekt, die “Crystal Wall of Crying” der Künst­lerin Marina Abra­movic, linker Hand liegen, wird ein großes Ver­an­stal­tungs­zelt sichtbar: Es ver­deckt die Sicht auf die 1991 zum 50. Jah­restag des Mas­sen­mordes ein­ge­weihte “Menora” des Archi­tekten Yury Pas­ke­vich – das erste Erin­ne­rungs­zei­chen an diesem Ort, das spe­zi­fisch für die jüdi­schen Opfer bestimmt war. Hinter trans­lu­zenter Zelt­plane wird eine Zuschau­er­tri­büne, die Menora und schließ­lich eine Bühne mit großer Lein­wand sichtbar, flan­kiert von Ban­nern, auf denen eine digi­tale, rhi­zom­ar­tige Struktur auf­fla­ckert: das Logotyp des Babyn Yar Holo­caust Memo­rial Centre (BYHMC), das ange­treten ist, das Gedächtnis des Ortes zu erschließen und eine Sprache für die Geschichte von Babyn Jar zu finden. Die Leucht­punkte des Akro­nyms zeichnen die abs­tra­hierte Topo­gra­phie von Babyn Jar nach, lösen sich und bilden die kab­ba­lis­ti­schen Sephirot – den jüdi­schen Lebensbaum.

Das BYHMC – die “pri­vate Initia­tive” – geht para­do­xer­weise auf eine staat­liche Ent­schei­dung des ehe­ma­ligen Prä­si­denten Petro Poro­schenko und des Kyiver Bür­ger­meis­ters Vitali Klit­schko im Jahr 2016 zurück, den rus­si­schen Inves­toren Michail Friedman, German Khan und Pavel Fuchs freie Hand zu erteilen; die drei Co-Initia­toren sollen durch ihre Geschäfte enge Bezie­hungen zum Kreml pflegen. Auch Viktor Pin­chuk, ukrai­ni­scher Olig­arch und Kul­tur­mäzen, der im Stadt­zen­trum der ukrai­ni­schen Haupt­stadt das popu­läre Museum und Kunst­ver­mitt­lungs­zen­trum Pin­chuk Art Center unter­hält, ist unter den Haupt­in­ves­toren. Mitt­ler­weile steht ein Teil des Regie­rungs­ap­pa­rats inklu­sive Prä­si­dent Vla­dimir Selensky hinter dem Pro­jekt; Bür­ger­meister Klit­schko, die Lite­ra­tur­no­bel­preis­trä­gerin Svet­lana Ale­xie­vich oder Joschka Fischer gehören dem nam­haften Auf­sichtsrat der Stif­tung an.

Als 2019 bekannt wird, dass den Posten der künst­le­ri­schen Lei­tung der rus­si­sche Fil­me­ma­cher Ilya Khrzha­novsky – Schöpfer des skan­dal­um­wit­terten Mega-Film­pro­jekts “DAU” – über­nehmen würde, häufen sich kri­ti­sche Kom­men­tare aus Wis­sen­schaft und Medien; als im April 2020 ein “unfer­tiger” Kon­zept­ent­wurf durch ein Leak in die ukrai­ni­sche – und von dort aus in die inter­na­tio­nale – Presse gelangt, wird laut­stark Khrzha­novskys Rück­tritt gefor­dert. Wie schon bei DAU, wird einer­seits die interne Arbeits­weise des von den einen als “Mega­lo­mane”, von den anderen als “Uni­ver­sal­genie” bezeich­neten Künstler-Kura­tors kri­ti­siert, ande­rer­seits sein von vielen als tota­litär bezeich­neter Umgang mit dem his­to­ri­schen Gedächtnis und der Kunst.

 

Friedhof Babyn Jar: Umkämpfter Erinnerungsdiskurs

“Auf Fried­höfen ist es nicht erlaubt zu schreien”, schreibt Viktor Nekrasov 1966 über die Denk­mal­land­schaft von Babyn Jar. Seit den Neun­zi­gern – auch in der aktu­ellen Debatte – steht immer wieder eine leicht abge­än­derte Fra­ge­stel­lung im Fokus: Ist es erlaubt, auf einem Friedhof zu bauen?

Bei einer Kund­ge­bung am 29. Sep­tember 1966 – in einer Zeit, als alle Worte über den Holo­caust poli­tisch geahndet wurden – hatte Ivan Dzjuba, Intel­lek­tu­eller und Dis­si­dent erster Stunde, von der sowje­ti­schen Regie­rung gefor­dert, die his­to­ri­sche Wahr­heit aus­zu­spre­chen (“Stille sagt nur dann viel, wenn alles, was hätte gesagt werden können, schon gesagt worden ist”) – und zur ent­schie­denen Ver­ur­tei­lung aller Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit, ob unter sowje­ti­scher oder NS-Herr­schaft verübt, auf­ge­rufen. Seinen Appell wie­der­holte er im Sep­tember 2006 in der natio­nalen Oper in Kyiv anläss­lich des offi­zi­ellen Jahresgedenkens:

“Das Bild-Symbol von Babyn Jar muss wirken wie eine uner­bitt­liche War­nung an die Mensch­heit vor den viel­ge­sich­tigen Gewalten von Men­schen­feind­lich­keit und Des­po­tismus.” (Aus Ivan Dzjubas Rede zum 65. Jah­res­ge­denken, in: Den’, 29.9.06, No 165. Über­set­zung der Autorinnen)

Wei­tere fünf­zehn Jahre später, im Ver­an­stal­tungs­zelt bei der Menora, tritt der Bür­ger­meister von Kyiv, Vitali Klit­schko, ans Mikrofon. Auf etwas unge­schickte Weise setzt er Holo­caust, Holo­domor und die rus­si­sche Anne­xion der Krim in einen direkten Zusam­men­hang zum Babyn Jar-Jah­res­ge­denken. Die Auf­zäh­lung impli­ziert eine Äqui­va­lenz, die jeg­li­cher his­to­ri­schen Grund­lage ent­behrt, jedoch als cha­rak­te­ris­tisch für die poli­tisch auf­ge­la­dene ukrai­ni­sche Geschichts­po­litik ange­sehen werden kann. Klit­schko spricht langsam und betont; zuweilen bekommt seine Stimme einen aggressiv-pathe­ti­schen Ton: Die Erwäh­nung der rus­si­schen Aggres­soren scheint ihn tat­säch­lich zornig zu stimmen.

Auch Regis­seur Sergei Loz­nitsa ist wütend, wenn­gleich aus einem anderen Grund als Klit­schko. Sicht­lich nervös – Loz­nitsa spricht als ein­ziger auf Rus­sisch – betont er, dass auch die ukrai­ni­sche Kol­la­bo­ra­tion mit den Nazis nicht ver­gessen werden dürfe. Ihn scheint die poli­ti­sche Ver­ein­fa­chung des Main­stream- Geschichts­nar­ra­tivs zu stören, das ukrai­ni­sche Natio­na­listen mär­ty­rer­haft als Kämpfer für die staat­liche Unab­hän­gig­keit ver­ehrt, wäh­rend über jeg­liche Betei­li­gung am Holo­caust hin­weg­ge­schwiegen wird.

Zwei Initia­tiven: Zwei Denk­mäler, zwei Museen?

Das BYHMC ist nicht die ein­zige Initia­tive, die in aktu­ellen erin­ne­rungs­po­li­ti­schen Dis­kus­sionen über Babyn Jar ganz oben mit­mischt. Als “privat” oder “rus­sisch” wird das Pro­jekt – nicht ohne Polemik – von der gegen es oppo­nie­renden “staat­li­chen” oder “ukrai­ni­schen Initia­tive” bezeichnet, die aus dem 2003 gegrün­deten Komitee “Babyn Jar” her­vor­ge­gangen ist und sich ebenso auf staat­liche Ent­schei­dungs­träger beruft, aber auch auf ukrai­ni­sche und inter­na­tio­nale For­schungs­ein­rich­tungen, jüdi­sche Insti­tu­tionen, wie The Asso­cia­tion of Jewish Orga­niza­tions and Com­mu­ni­ties (VAAD) oder etwa die dem rechten Lager nahe­ste­hende Orga­ni­sa­tion Ukrai­ni­scher Natio­na­listen. Das Komitee sieht sich als Fort­set­zung der dis­si­den­ti­schen, ukrai­nisch-jüdi­schen Bewe­gung der 1960/70er Jahre; tat­säch­lich ist es ins­be­son­dere einem Kreis ukrai­ni­scher, rus­si­scher und teils jüdi­scher Aktivist*innen zu ver­danken, dass sich in der sowje­ti­schen Ära so etwas wie eine ukrai­ni­sche Erin­ne­rungs­kultur eta­blieren konnte. Einst hatten Autoren wie Ivan Dzjuba, Viktor Nekrasov oder Ana­tolyi Kuz­netsov gegen das gezielte Ver­gessen auf staat­li­cher Ebene pro­tes­tiert; seit der ukrai­ni­schen Unab­hän­gig­keit kämpfen sie bzw. ihre “Nach­kommen” gegen die Taten­lo­sig­keit der Politik, wenn es um die Schaf­fung eines ein­heit­li­chen, die klein­tei­lige Denk­mal­land­schaft ord­nenden Erin­ne­rungs­nar­ra­tivs oder um den Schutz des Erin­ne­rungs­ortes ange­sichts schlei­chender Pri­va­ti­sie­rungs­ver­suche von Babyn Jar geht.

Nach jah­re­langem Enga­ge­ment, umfas­senden wis­sen­schaft­li­chen Stu­dien der his­to­ri­schen Topo­gra­phie von Babyn Jar (davon zeugt die ukrai­ni­sche Publi­ka­tion “Babyn Jar: Macht, Mensch, Geschichte”) wird 2005 ein weit­räu­miges Areal zum denk­mal­ge­schützten Reservat bestimmt; zwei Jahre später wird ihm natio­naler Status zuge­spro­chen. Mit diesem Etap­pen­sieg, so hofft man, konnte die inter­es­sen­ge­lei­tete Bebauung gestoppt werden; doch selbst die Ernen­nung Babyn Jars zur denk­mal­ge­schützten Zone – und dem in diesem Rahmen fest­ge­setzten Bebau­ungs­verbot – hin­dert pri­vate Initia­tiven nicht daran, wei­tere Vor­stöße zu unter­nehmen. 2002 war ein erstes ame­ri­ka­ni­sches Pro­jekt für ein jüdi­sches Zen­trum auf dem Ter­ri­to­rium des ein­zigen erhal­tenen Fried­hofs ver­hin­dert worden; 2006 macht eine städ­ti­sche Initia­tive unter dem Olig­ar­chen und Vor­sit­zenden des All-Ukrai­ni­schen Jüdi­schen Kon­gresses Vadim Rabi­no­vich den Vor­stoß, ein jüdi­sches Reli­gi­ons­zen­trum und Museum zu errichten, ein Grund­stein wird auf­ge­stellt. “Die Schutz­zone exis­tiert prak­tisch nur auf dem Papier”, ist aus Initia­to­ren­kreisen zu vernehmen.

2016 nehmen zwei Kon­zept­ent­würfe par­allel zuein­ander Form an, erstellt von der “ukrai­ni­schen” und der “rus­si­schen Initia­tive”. Wäh­rend es sich bei letz­terer um das pri­vate, in der inter­na­tio­nalen Presse und unter Historiker*innen viel­fach dis­ku­tierte Pro­jekt han­delt, das auch hinter dem groß­an­ge­legten, exklusiv anmu­tenden Jah­res­ge­denken sowie den neu errich­teten Instal­la­tionen steht, hat sich das ukrai­ni­sche Kon­zept – wohl auf­grund feh­lender Popu­la­rität, Inter­na­tio­na­lität und chro­ni­schen Geld­man­gels selbst invol­vierter staat­li­cher Insti­tu­tionen – noch in keiner Form mani­fes­tieren können. Den recht­lich gere­gelten Grund­satz des staat­lich geschützten Ter­ri­to­riums hat die “pri­vate Initia­tive” bereits mehr­fach gebro­chen: das Bauverbot.

 

Natio­nales Denkmal, natio­nales Gedächtnis

Letz­teres wird als zen­trales Anliegen im Kon­zept­pa­pier der staat­li­chen Initia­tive genannt, auf Anord­nung des Prä­si­denten 2017 von einer Arbeits­gruppe unter Auf­sicht des Geschichts­in­sti­tuts der ukrai­ni­schen Aka­demie der Wis­sen­schaften (NAN) erar­beitet. Das “Kon­zept einer kom­plexen Memo­ri­a­li­sie­rung von Babyn Jar” wird 2018 vom Minis­ter­ka­bi­nett bestä­tigt. Ein Jahr später werden die bestellten Kon­zepte zur “Erwei­te­rung der Grenzen des natio­nalen Geschichts- und Gedenk­re­ser­vats” sowie “für ein Museum der Geschichte von Babyn Jar” von 43 ukrai­ni­schen wie aus­län­di­schen Wissenschaftlicher*innen rezen­siert – und im Oktober 2021 der Öffent­lich­keit prä­sen­tiert. Der Ent­wurf des “ukrai­ni­schen” Pro­jektes schlägt auch ein “ukrai­ni­sches” Gedächt­nis­mo­dell vor: Ent­stehen sollen ein Erin­ne­rungs­park, ein Museum über Babyn Jar und ein ukrai­ni­sches Holo­caust-Museum – letz­tere außer­halb der Schutzzone.

“Der Erin­ne­rungs­park ist unsere Ant­wort auf die chao­ti­sche Bebauung, die auch in diesem Moment auf dem Ter­ri­to­rium Babyn Jars fort­ge­setzt wird”, so Tat­jana Pas­tus­henko, His­to­ri­kerin, lei­tende wis­sen­schaft­liche Mit­ar­bei­terin am Institut für Geschichte (NAN) und Sekre­tärin der Arbeits­gruppe – und spielt dabei auf die zwar staat­lich gedeckten, jedoch undurch­sichtig rea­li­sierten und schlecht kom­mu­ni­zierten Bau­maß­nahmen des BYHMC an. Im “ukrai­ni­schen” Erin­ne­rungs­park sollen alle Tra­gö­dien, die in Babyn Jar pas­siert sind, abge­bildet werden; es soll ruhig der Toten gedacht werden können. Anstatt auf dem his­to­ri­schen Areal zu bauen, sollen mit den Mit­teln land­schaft­li­chen Designs sowohl Orte der Mas­sen­er­schie­ßungen als auch ehe­ma­lige Fried­höfe mar­kiert werden. Beide Museen – dem Holo­caust und Babyn Jar gewidmet – sollen in einem Muse­ums­kom­plex unter­kommen, ver­bunden durch die Geschichte der Mas­sen­er­schie­ßungen in Babyn Jar. Das Nar­rativ des Holo­caust-Museums soll die Geschichte des Wes­tens, ins­be­son­dere Deutsch­lands, der Sowjet­union und der unab­hän­gigen Ukraine umfassen.

“Das Gedenken an einem sol­chen Ort sollte in Zusam­men­ar­beit mit dem Staat, wis­sen­schaft­li­chen und gemein­nüt­zigen Insti­tu­tionen geschehen – und kein koope­ra­tives Pro­jekt, ver­schlossen vor jedem öffent­li­chen Ein­fluss, sein”, sagt Pas­tus­henko bei der Prä­sen­ta­tion des Kon­zepts. Es gehe doch um ein natio­nales Denkmal, das natio­nale Gedächtnis, lässt His­to­riker Vitalyi Nach­ma­no­vich, stell­ver­tre­tender Vor­sit­zender der Arbeits­gruppe, an anderer Stelle ver­lauten. “Viel­leicht sollten wir kein natio­nales Denkmal nach sowje­ti­schem Vor­bild bauen, d. h. aus der Geschichte nur das nehmen, was in die Ideo­logie passt? Viel­leicht lohnt es zu ver­su­chen, eine gewisse Sym­bolik für alles, was an diesem Ort pas­siert ist, zu finden.”

 

 

BYHMC: Ein “inno­va­tives” Museum

“Die Auf­gabe des Pro­jektes besteht darin, ein inno­va­tives Museum für die Ukraine zu bauen, das poten­ziell ein Bei­spiel für andere Länder werden könnte”, sagt BYHMC-Geschäfts­führer Ruslan Kava­tsjuk im Rahmen einer Gesprächs­runde, die beide Initia­tiven – privat und staat­lich – an einen Tisch bringt. “Ein tra­di­tio­nelles Holo­caust-Museum wäre eine Nie­der­lage.” Die Ver­an­stal­tung unter dem Titel “Wenn Museen Schau­plätze von Erin­ne­rungs­kämpfen werden” wird vom Ukrai­ni­schen Institut für Natio­nale Erin­ne­rung im April 2020 aus­ge­tragen. “Inno­va­tion” sieht in der zeit­ge­nös­si­schen Museums- und Denk­mal­land­schaft den Gebrauch “inno­va­tiver” neuer Medien vor – und dieser wird sich in der inter­dis­zi­pli­nären, medi­en­über­grei­fenden Arbeit des Pro­jekts denn auch groß­zügig bedient.

Am Fuß des noch immer erkenn­baren Abhangs von Babyn Jar liegt ein rundes, fla­ches Metall­po­dest. Hohle Stehlen, bei Dun­kel­heit von innen heraus beleuchtet, ragen baum­stamm­artig in die Höhe. Das begeh­bare, spie­gelnde Objekt wird pha­sen­weise in Vibra­tion ver­setzt, die im eigenen Körper nach­klingt: Es über­setzt die erschüt­ternde Abs­trakt­heit der unzäh­ligen Men­schen­leben, an diesem Ort maschi­nen­haft nie­der­ge­schossen, in wahr­nehm­bare elek­tri­sche Schwin­gung. Auf der Metall­fläche ver­teilte Löcher bilden das Kaliber der hier ein­ge­setzten Gewehre ab. Auf Ukrai­nisch ver­le­sene Opfer­namen, Archiv­auf­nahmen jid­di­scher Melo­dien aus der Vor­kriegs­zeit und pas­to­rale Gesänge schallen über das “Spie­gel­feld”.

Es ist eine der ersten Instal­la­tionen, die seit 2020 schritt­weise eröffnet wurden. Im Zuge des 80. Jah­res­ge­den­kens wird weniger Meter weiter auch die vierzig Meter lange, drei Meter hohe “Kris­tal­lene Kla­ge­mauer” von Marina Abra­movic vorgestellt: Aus ukrai­ni­scher Kohle und bra­si­lia­ni­schen Quarz­kris­tallen zusam­men­ge­setzt, soll sie eine sym­bo­li­sche Ver­län­ge­rung der Kla­ge­mauer in Jeru­salem dar­stellen, Raum für Erin­ne­rung und Refle­xion bieten. Die Inter­ak­tion mit den Kris­tall­spitzen, in Höhe von Kopf, Brust und Bauch ange­bracht, soll “die Ver­bin­dung von pri­vatem und kol­lek­tivem Gedächtnis durch Kör­per­er­fah­rung” wie­der­her­stellen – so heißt es in der Beschrei­bung. Ein drittes Objekt, das der Erin­ne­rungs­land­schaft wie ein Fremd­körper auf­ge­setzt worden ist: die “Sym­bo­li­sche Syn­agoge” aus ukrai­ni­scher Eiche in Form einer auf­ge­stellten Thora, die geöffnet und geschlossen werden kann. Bedeckt von einem bunten Sym­bol­system und hebräi­schen Gebets­sprü­chen, ori­en­tiere sich die Aus­stel­lungs­ar­chi­tektur an tra­di­tio­nellen Syn­agogen der West­ukraine, heißt es aus dem deutsch-schwei­ze­ri­schen Büro Manuel Herz Architects.

Archi­tektin: “How pos­sibly could one inter­vene in such a place?”

Drei Mal wurde also bereits gegen die Bau­ver­ord­nung der geschützten Denk­mal­zone ver­stoßen, erlaubt sind ledig­lich mobile, vor­über­ge­hend errich­tete Pavil­lons. Hin­zu­kommen soll ein seit Monaten im Bau befind­li­ches Objekt: Ein bewe­gungs­loser Kran hängt über einer Bau­grube, der Sicht­schutz zeigt Model­lie­rungen des von den Ber­liner Archi­tekten SUB kon­zi­pierten Muse­ums­baus “Kurgan”, der die Geschichte der Mas­sen­er­schie­ßungen mit­hilfe von 3D-Tech­no­logie zu “repro­du­zieren” bestrebt ist. Im Zen­trum des Ent­wurfs steht das Erd­reich als phy­si­sche Erin­ne­rungs­schicht, die – zumin­dest in diesem Grund­ge­danken herrscht auf allen Seiten Einig­keit – höchst achtsam behan­delt werden muss. “Die Erde zeichnet Geschichte nach, hat tief­grei­fende Bedeu­tung”, sagt SUB-Archi­tekt Andrea Faraguna bei der Projektpräsentation.

“How pos­sibly could one inter­vene in such a place?”, lautet eine zen­trale Frage in der Dis­kus­sion um die Neu­ge­stal­tung des his­to­ri­schen Babyn Jar-Geländes. Die vom BYHMC ver­folgten räum­li­chen Ein­griffe durch den ent­ste­henden Museums-Grab­hügel sowie die bereits eröff­nete Syn­agoge werden von der Archi­tektin Marina Otero Ver­zier als “con­fi­dent but humble” – selbst­be­wusst aber bescheiden – beschrieben. Die archi­tek­to­ni­sche Inter­ven­tion müsse respekt­voll sein und gleich­zeitig die Stärke haben, jene zu reprä­sen­tieren, die an diesem Ort brutal zum Schweigen gebracht wurden.

 

 

Erin­ne­rungs­krieg: “That Was Where Russia’s Annexa­tion Began”

Der Kon­flikt wird in erster Linie auf der Ebene der sym­bo­li­schen und (global-) poli­ti­schen Reprä­sen­ta­tion des Ortes aus­ge­tragen. Erin­ne­rungs­kriegen ist gemein, dass sie sich in abs­trakter, reprä­sen­ta­tiver Distanz zu ihrem Gegen­stand abspielen – und meist ist es das Mittel mytho­lo­gi­sie­render Nar­ra­tion, dessen sich die um das Gut “ihrer” his­to­ri­schen Wahr­heit kon­kur­rie­renden Par­teien bedienen. Im Falle von Babyn Jar schlägt sich der Dis­kurs ebenso in der his­to­ri­schen Topo­gra­phie nieder: Gebaut wird, obwohl die Ent­schei­dungs­pro­zesse über die Zukunft des Ortes längst nicht abge­schlossen sind.

Die Anhänger der ukrai­ni­schen Initia­tive sind über­zeugt: Das “rus­si­sche Pro­jekt” sei ein Hebel im Krieg Russ­lands gegen die Ukraine. Khrzha­novsky und die wich­tigsten Stake­holder stünden für eine ver­zerrte, post­so­wje­ti­sche Lesart der Geschichte von Babyn Jar und all­ge­mein des Holo­causts. In dieser Per­spek­tive werden alle ukrai­ni­schen Zeit­ge­nossen ohne Dif­fe­ren­zie­rung als Kol­la­bo­ra­teure und Anti­se­miten – oder im zeit­ge­nös­si­schen rus­si­schen Polit­jargon: als “Faschisten” – dar­ge­stellt. Indem “Russ­land” freie Hand im Bau eines Museums an diesem Gedenkort erteilt wurde, wird, so die Befürch­tung, dem Gedächtnis von Babyn Jar  auch ein “rus­si­sches Geschichts­nar­rativ” aufgedrückt.

Wird der Gedächt­nis­raum von Babyn Jar zur Pro­jek­ti­ons­fläche der hybriden Kriegs­füh­rung Russ­lands gegen die Ukraine? Diese Annahme passt zumin­dest zur Ana­lyse rus­si­scher Kriegs­stra­te­gien, die der in Kyiv lebende Poli­tik­wis­sen­schaftler und Ost­eu­ropa-Experte Andreas Umland for­mu­liert hat:

“Pur­po­seful mani­pu­la­tion with topics of national memory, recent history and inter­ethnic rela­tions, not least in Polish mass media and social net­works, is part and parcel of Russia’s so-called hybrid war against Kyiv. The Kremlin’s attack on the Ukrai­nian nation is exe­cuted, with a multi­tude of mili­tary and non-mili­tary, hard- and soft-power instru­ments, on a daily basis. It actively exploits con­tro­ver­sial his­to­rical issues, and aims to des­troy the Ukrai­nian state from within rather than from outside.” 

Yohanan Petrovsky-Shtern, ukrai­ni­scher His­to­riker, Nach­komme zweier Babyn Jar-Opfer, spricht gar von einer mög­li­chen rus­si­schen Inva­sion Kyivs, “wie in Sewas­topol” – eine Bedro­hung, die wenig abs­trakt anmutet in Zeiten, in denen an der bela­ru­si­schen Grenze, auf der annek­tierten Krim und in den von Sepa­ra­tisten besetzten ukrai­ni­schen Gebieten die rus­si­sche Armee in Kampf­be­reit­schaft prä­sent ist. “There needs to be outrage over this. Russia received a long lease on Sevas­topol from Ukraine, and that was where Russia’s annexa­tion began,” sagt Petrovsky- Shtern. Die kleinste Pro­vo­ka­tion könnte eine Besat­zung Kyivs zur Folge haben. Im Gespräch mit Hro­madske Inter­na­tional appel­liert der Bruder der Schrift­stel­lerin Katja Petrows­kaja, die ihre mit Babyn Jar ver­knüpfte Fami­li­en­ge­schichte in ihren Roman “Viel­leicht Esther” hat ein­fließen lassen, an ukrai­ni­sche intel­lek­tu­elle, poli­ti­sche und öffent­liche Figuren: “They need to under­stand that Mr. Putin and his aide Vla­dislav Surkov are using three or four olig­archs who invest their money into BYHMC as their pup­pets. By allo­wing this to happen, the Ukrai­nians are allo­wing the impe­rial ideo­lo­gists to impose their own – mis­lea­ding and harmful – vision of events on Ukraine.”

 

 

Sinn­kon­flikt: Kon­fron­ta­tion von Erin­ne­rungen und Ideologien

Warum ist Babyn Jar heute kein Ort des respekt­vollen Aus­tauschs, der ruhigen Erin­ne­rung, son­dern wird – je nach Aus­le­gung – zum Medium natio­nal­staat­li­cher Mythen­bil­dung bzw. zum Aus­tra­gungsort hybrider Kriegs­füh­rung? “Wie jedes belie­bige bedeu­tende Phä­nomen hat Babyn Jar viele Bedeu­tungs­ebenen: räum­lich, his­to­risch, poli­tisch, gesell­schaft­lich, ethisch”, so Vitalyi Nach­ma­no­vich, einer der schärfsten Kri­tiker des pri­vaten Pro­jekts. Die Basis­ebene sei die his­to­ri­sche und betreffe die Frage: Was ist hier eigent­lich geschehen? “Diese Frage erscheint ein­fach, aber tat­säch­lich ist Babyn Jar bis heute nicht nur

voller weißer Fle­cken, son­dern auch voller Stille und absicht­li­cher Fäl­schungen”, so der His­to­riker in der Online-Zeit­schrift Isto­richna Pravda. “Hier geht es nicht ein­fach um das Gedenken an die Opfer – dafür stehen bereits 30 Denk­mäler dort. Hier geht es um den Bau eines großen Gedenk­kom­plexes, um die Erschaf­fung von Bedeu­tungen und Ideo­lo­gien.” Offen­sicht­lich laufe die Schaf­fung eines sol­chen Museums auf einen Sinn­kon­flikt hinaus.

Dass im Zuge des Umgangs mit der Erin­ne­rung und Topo­gra­phie Strei­tig­keiten auf­treten könnten, hatte das Komitee “Babyn Jar” früh erkannt – im Rahmen des Kon­zept­ent­wurfs zur Schaf­fung einer Schutz­zone hatte es auch Wege vor­ge­schlagen, wie Dis­so­nanzen umgangen werden könnten. Kurz vor dem 65. Jah­res­ge­denken unter­schrieb Prä­si­dent Viktor Jush­chenko zwar die Ver­fü­gung zur Schaf­fung einer

Schutz­zone, doch der aus­führ­liche Kon­zept­ent­wurf wurde igno­riert. Die frag­men­tierte Erin­ne­rungs­land­schaft zu ordnen und die Bedeu­tung von Babyn Jar aus­zu­han­deln – das müsse Auf­gabe einer staat­li­chen Initia­tive sein, meint Nach­ma­no­vich. Die Frage sei, wer sich dieser Auf­gabe annehme: “Der ukrai­ni­sche Staat im Aus­tausch mit ukrai­ni­schen Wissenschaftler*innen, der ukrai­ni­schen Gesell­schaft oder aus­län­di­sche Wohl­täter unter Nach­sehen des Staats und einer hilf­losen Gesell­schaft.” Doch fehlt es nicht nur an einer gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Ver­stän­di­gung über ein gemein­sames his­to­ri­sches Gedächtnis, son­dern auch an einer staat­li­chen Auto­rität, die Ori­en­tie­rung in Fragen der Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung bieten würde. “Fak­tisch ist eine künst­liche Kon­fron­ta­tion zweier Erin­ne­rungs­in­sti­tu­tionen, zweier Erin­ne­rungs­po­li­tiken, zweier Ein­stel­lungen zur Erin­ne­rung ent­standen”, sagt Kateryna Chu­jeva, Prä­si­dentin der nicht­kom­mer­zi­ellen Ver­ei­ni­gung ICOM Ukraine, die sich für die Ein­hal­tung eines ethi­schen Muse­ums­ko­dexes und den Schutz von Natur- und Kul­tur­land­schaften ein­setzt. Wäh­rend das putin­sche Geschichts­nar­rativ jeg­liche sowje­ti­sche Kol­la­bo­ra­tion wäh­rend der dop­pelten Besat­zungs­phase mit den Nazis aus­schließt, stehen Fragen der Inter­pre­ta­tion und Bewer­tung der Rolle der Orga­ni­sa­tion Ukrai­ni­scher Natio­na­listen (OUN) bzw. der Ban­dera-Frak­tion (OUN‑B) im Zen­trum der ukrai­ni­schen Erin­ne­rungs­po­litik. Neben der alles “Sowje­ti­sche” aus der ukrai­ni­schen Rea­lität tilgen wol­lenden “Dekom­mu­ni­sie­rungs­kam­pagne” werde eine offi­zi­elle Affir­ma­tion der OUN – und eine Ver­zer­rung der von dieser ultra-natio­nalen Bewe­gung  ver­tre­tenen eth­no­zen­tri­schen Werte – auf breiter gesell­schaft­li­cher Ebene erfolg­reich vor­an­ge­trieben, so  Andreas Umland. Das illus­triert der bereits ange­spro­chene, an Babyn Jar angren­zende Stra­ßen­ver­lauf: Benannt nach einer anti­se­mi­ti­schen Natio­na­listin, trifft die Olena Teliha-Straße im Nord­westen der Stadt auf  den Stepan Ban­dera-Pro­spekt, der vor der “Dekom­mu­ni­sie­rungs­kam­pagne” noch Mos­kauer Pro­spekt hieß. Der OUN-Ideo­loge Ban­dera ist eine in rus­so­phonen wie pro-west­li­chen  Kreisen in der Ukraine höchstumstrit­tene Figur, die Pogrome in Lviv maß­geb­lich  mit­or­ga­ni­sierte. Auch in der Denk­mal­land­schaft wird seit 1992 an ukrai­ni­sche Natio­na­listen erin­nert: an “621 Teil­nehmer des anti­na­zis­ti­schen Unter­grunds der OUN” – Olena Teliha wird auf der Inschrift geson­dert  hervorgehoben.

Ukrai­ni­sche Vergangenheitsbewältigung

“Wir lernen erst jetzt aus dem schwarz-weißen Kalei­do­skop aus­zu­treten, wo alle Sowjets schlecht sind und alle Ukrainer gut. Da sehe ich eine Ent­wick­lung. Aber bezüg­lich einiger Punkte – selbst für den sym­bo­li­schen Raum – haben wir keine Ant­wort”, sagte Anton Dro­bo­vich, Leiter des Insti­tuts für Natio­nale Erin­ne­rung, in einer Dis­kus­si­ons­runde am Tag des 80. Jah­res­ge­den­kens. Wenn es um die “Gerechten der Welt­na­tionen”, Kol­la­bo­ra­tionen ukrai­ni­scher Natio­na­listen mit den Nazis, zivile Denun­zia­tionen oder Ana­lysen von Über­le­bens­stra­te­gien wäh­rend der Besat­zungs­zeit gehe, wolle man auf Regie­rungs­ebene keine ein­deu­tige Posi­tion über­nehmen: “Der Staat hat in Fragen des Geden­kens an Babyn Jar keine Subjektivität.”

Ob ein kri­ti­scher Umgang mit dem kom­plexen Gedächtnis von Babyn Jar mög­lich ist, hängt jedoch wesent­lich davon ab, ob eine gesamt­ge­sell­schaft­liche Dis­kus­sion eben­jener strit­tigen Fragen geführt wird. Ange­sichts eines von Russ­land geführten hybriden Krieges ist aus ukrai­ni­scher Sicht die For­mie­rung eines starken, natio­nalen Geschichts­nar­ra­tivs rele­vant. Zen­traler Motor dieser erin­ne­rungs­po­li­ti­schen Ent­wick­lungen ist das Ukrai­ni­sche Institut für Natio­nale Erin­ne­rung, das hinter der staat­li­chen Initia­tive wie auch der Neu­eröff­nung des Museums der Rus­si­schen Aggres­sion steht.

Unter­dessen hat sich die Kriegs­rhe­torik im Erin­ne­rungs­dis­kurs längst fest­ge­setzt – auf beiden Seiten. Josef Zis­sels, Ver­treter der staat­li­chen Initia­tive, hebt die gesetz­wid­rige Funk­tion des rus­si­schen Pro­jekts und seine Rolle im hybriden Krieg hervor. “Wenn der hybride Krieg mit dem Sieg der Ukraine zu Ende geht, werden das unsere Tro­phäen sein.” Zis­sels hat jüngst ein Papier im Namen der ukrai­ni­schen Juden (VAAD) an Bun­des­kanzler Olaf Scholz initi­iert, in dem er ent­schlos­se­nere Maß­nahmen Deutsch­lands im Umgang mit Russ­land for­dert und die his­to­ri­sche Ver­ant­wor­tung Deutsch­lands der Ukraine gegen­über betont.

 

Was wird aus Babyn Jar?

Anfang 2021 hatte Bür­ger­meister Klit­schko in der Kyiver Rada unter den Abge­ord­neten für das rus­si­sche Pro­jekt und die Zuwei­sung dreier Grund­stücke auf dem Gelände von Babyn Jar an die “rus­si­sche” Initia­tive mobi­li­siert; die Abstim­mung wurde mehr­mals ver­schoben und endete in einem Skandal. Dann wurde ein vom Institut für Men­schen­rechts- und Infor­ma­ti­ons­po­litik der Ver­chovna Rada ein­ge­brachter Geset­zes­ent­wurf ver­ab­schiedet, der die Unzu­läs­sig­keit der rus­si­schen Initia­tive und gleich­zeitig die Bestä­ti­gung des staat­li­chen Kon­zeptes fest­legt. Trotzdem sieht es schlecht aus für die lokale Initia­tive. Wie im Juni bekannt wurde, hatte der staat­liche Eigen­tums­fond am 29. April die Mög­lich­keit einer Ver­mie­tung des ein­zigen erhal­tenen his­to­ri­schen Gebäudes auf dem Gelände der denk­mal­ge­schützten Zone von Babyn Jar prüfen lassen: der ehe­ma­ligen Kanzlei des jüdi­schen Luk’yanov-Friedhofs, die seit 2017 mit staat­li­chen und pri­vaten Mit­teln restau­riert wird – dieses Gebäude wird im ukrai­ni­schen Kon­zept für die Unter­brin­gung der beiden Museen ange­führt. Dem ehe­ma­ligen sowje­ti­schen Dis­si­denten, Kopf der jüdisch-natio­na­lis­ti­schen Bewe­gung, Josef Zis­sels, zufolge stimmte Pre­mier­mi­nister Denis Shmygal’ dem Ver­mie­tungs­ge­such zu – und so befindet sich auch dieses Gebäude nun in der Ein­fluss­sphäre rus­si­scher Spon­soren. Ana­tolyi Podol’skyi, Co-Autor des Kon­zept­pa­piers, kom­men­tiert die Über­gabe des Hauses in der Isto­richna Pravda wie folgt: “Das ist die Kapi­tu­la­tion. Als ukrai­ni­scher His­to­riker, als Mit­glied der Arbeits­gruppe, die das staat­liche Erin­ne­rungs­kon­zept für die Opfer von Babyn Jar geschaffen hat, glaube ich, dass diese Tat­sache beweist: Die höchsten Staats­be­amten kapi­tu­lieren, arbeiten für das Putin-Regime. Jetzt kann man nicht mehr von his­to­ri­schen oder erin­ne­rungs­be­zo­genen Aspekten spre­chen, son­dern nur noch von poli­ti­schen. Unser Staat sieht nun aus wie eine Ser­vice­ein­heit eines pri­vaten pro­rus­si­schen Projekts.”

Womit über­zeugt die “rus­si­sche Initia­tive” eine lange Reihe an ukrai­ni­schen wie inter­na­tio­nalen Intel­lek­tu­ellen und Politiker*innen, dar­unter Svet­lana Ale­xie­vich, Ronald Lauder (Prä­si­dent des World Jewish Con­gress), Natan Sha­r­ansky (israe­li­scher Poli­tiker mit sowje­tisch-dis­si­den­ti­scher Ver­gan­gen­heit) und Patrick Des­bois, dem Auf­sichtsrat bei­zu­treten oder aus­län­di­sche Regie­rungen – auch die deut­sche ist im Gespräch –, das Pro­jekt zu finan­zieren? Warum richten sich Men­schen aus Kultur- und Kunst­welt nicht ent­schie­dener gegen ein Pro­jekt­vor­haben an einem solch sen­si­blen Ort, bei dem unschwer anzu­nehmen ist, dass es durch kreml­nahe Stake­holder finan­ziert wird? Yohanan Petrovsky-Shtern ist über­zeugt: “Igno­ranz, Pres­tige und Geld” – beson­ders letz­teres, schließ­lich wurden für das BYHMC rund 100 Mil­lionen Dollar ver­an­schlagt. “I think that Khrzha­novsky is extre­mely cynical about what he is doing. He might be know­led­geable and talented, and even a good pro­fes­sional, but he is a first-rate cynic – and affordable puppet in the hybrid war against Ukraine.”

 

 

Loz­nitsas Doku­men­ta­tion: “Babi Yar. Context”

Am Abend des 5. Okto­bers sind auch Ilya Khrzha­novsky, künst­le­ri­scher Leiter des BYHMC, und Marina Abra­movic, Diplomat*innen einer israe­li­schen Dele­ga­tion und inter­na­tio­nale Politiker*innen unter den gela­denen Gästen. Dabei findet die offi­zi­elle Gedenk­ze­re­monie mit den Staats­gästen Frank-Walter Stein­meier, dem israe­li­schen Prä­si­denten Isaac Herzog sowie dem alba­ni­schen Prä­si­denten Ilir Meta erst am Fol­getag statt. Neben poli­ti­schen Anspra­chen umfasst das Ver­an­stal­tungs­pro­gramm die Urauf­füh­rung des sakralen Chor­werks “In Memo­riam” des Kyiver Kom­po­nisten-Urge­steins Valentyn Syl­vestrov sowie das Scree­ning des Doku­men­tar­films “Babi Yar. Con­text”. Vom BYHMC co-pro­du­ziert, feiert Loz­nitsas erschüt­ternde, mehr­fach aus­ge­zeich­nete Doku ihre ukrai­ni­sche Pre­miere; erst­mals wird sie außer­halb von Film­fes­ti­vals gezeigt.

“Babi Yar. Con­text” arbeitet sich an der Vor­ge­schichte, dem Mas­sen­mord selbst sowie der juris­ti­schen Auf­ar­bei­tung des Mas­sa­kers von Babyn Jar ab. Wäh­rend es sich beim Film­ma­te­rial um teils erst­mals gesich­tetes Archiv­ma­te­rial han­delt, ist der Sound nach­pro­du­ziert; die hohe Ton­qua­lität ver­leiht den Bil­dern eine starke Fik­tio­na­lität – erschafft eine Hyper-Authen­ti­zität des Doku­men­ta­ri­schen. Dabei ist die Bild­ebene nicht nur doku­men­ta­risch, son­dern oft­mals pro­pa­gan­dis­tisch behaftet: Eine Reihe von Film­se­quenzen nehmen die Täter­per­spek­tive ein, andere bilden natio­nal­so­zia­lis­ti­sches Pro­pa­gan­da­ma­te­rial ab, ohne es explizit als sol­ches zu kenn­zeichnen; dieses Vor­gehen wurde etwa von Vitalyi Nach­ma­no­vich kri­ti­siert. Dass der aus Ori­gi­nal­bil­dern und schlichten Text-Ein­blen­dungen zusam­men­ge­setzte Film das eigent­liche Mas­saker nicht zeigt, kann auf den Umstand zurück­ge­führt werden, dass die Nazis die Ver­bre­chen selbst nicht doku­men­tierten. (Ein­zelne Epi­soden des lau­fenden Film­pro­jekts, das beim Film­fes­tival in Cannes im Juli 2021 prä­miert wurde, können auf der BYHMC-Web­site sowie auf You­Tube angeschaut werden; auch solche, die nicht in die End­fas­sung des Films Ein­gang gefunden haben.)

Doku­men­ta­tion einer Topo­gra­phie des Verbrechens

Der Film doku­men­tiert das zwei­tä­gige Mas­saker von Babyn Jar: Am 29. Sep­tember 1941 – es war Jom Kippur, nach jüdi­scher Tra­di­tion der Tag der Ver­ge­bung – setzte sich ein Men­schenzug von der zen­tralen Sam­mel­stelle aus zu Fuß in Rich­tung Stadt­rand in Bewe­gung. Anfangs ver­blieben die Men­schen im Unklaren dar­über, wohin sie geführt wurden – so machten etwa in der Stadt Gerüchte die Runde, dass sie nach Paläs­tina eva­ku­iert werden sollten. Was folgte, war aller­dings keine Eva­ku­ie­rung, son­dern die größte ein­zelne Mord-Aktion wäh­rend des Holo­causts über­haupt. Bis zum Ende des 30. Sep­tem­bers war ein Groß­teil der jüdi­schen Bevöl­ke­rung Kyivs ver­nichtet worden. Die Men­schen wurden vom Rand der Schlucht direkt ins Mas­sen­grab geschossen; Babys warf man ein­fach so in die Tiefe – um Muni­tion zu sparen. Ein anderes Vor­gehen war die von Ein­satz­grup­pen­leiter Fried­rich Jeckeln als solche bezeichnete

„Sar­di­nen­me­thode“ – man zwang die Men­schen, sich nackt in einer Reihe auf die zuvor Erschos­senen zu legen. Die fol­genden Genick­schüsse führten nicht immer zum sofor­tigen Tod, davon zeugen Berichte der wenigen Über­le­benden. Gemordet wurde an diesem Ort auch nach diesem bei­spiel­losen Mas­saker: Bis zum Ende der Besat­zungs­zeit am 6. November 1943 erschossen die deut­schen Besatzer unter Mit­hilfe lokaler Kol­la­bo­ra­teure zwi­schen siebzig- und hun­dert­tau­send (manche Quellen nennen bis zu zwei­hun­dert­tau­send) Men­schen: neben den Kyiver Jüdinnen und Juden fielen ver­mehrt auch andere Min­der­heiten wie Roma, psy­chisch Kranke, Rot­ar­misten, ukrai­ni­sche Natio­na­listen, Gegner des NS-Regimes sowie ein­fache Zivi­listen in das mör­de­ri­sche Raster der Besatzer. Dabei han­delte es sich haupt­säch­lich um eine der ins­ge­samt vier auf dem Ter­ri­to­rium der Sowjet­union ope­rie­renden Ein­satz­gruppen: Ein­heiten der Sicher­heits­po­lizei und des Sicher­heits­dienstes, die im Rahmen des Ost­feld­zugs für die Ver­fol­gung und Ver­nich­tung der lokalen Bevöl­ke­rung, vor allem der jüdi­schen, zuständig waren. Auch das Son­der­kom­mando 4a, die Polizei-Batail­lone 45 und 303, das Polizei-Regi­ment „Russ­land Süd“ sowie Teile der Orga­ni­sa­tion der Ukrai­ni­schen Natio­na­listen (OUN) als Hilfs­po­lizei waren in die Mas­sen­er­schie­ßungen involviert.

Die Nazis nutzten bei ihren Mord­ak­tionen die Topo­gra­phie des Ortes aus: Die etwa 2,5 km lange und 50 Meter tiefe (die Angaben zu den Maßen vari­ieren) Schlucht als Mas­sen­grab zu ver­wenden, war in den Augen der Ver­bre­cher prak­tisch und effi­zient, da so nicht erst Erde aus­ge­hoben werden musste. Am süd­li­chen Ende der Schlucht wurde im Mai 1942 das Kon­zen­tra­ti­ons­lager Syrec’ ein­ge­richtet. Nach ihrer Nie­der­lage in Sta­lin­grad ver­suchten die Deut­schen, alle Spuren des Mas­sen­grabs zu ver­tu­schen: Häft­linge aus dem Syrec’-Lager zwang man, die Lei­chen der Opfer aus­zu­graben und auf Grab­steinen vom nahe­ge­le­genen jüdi­schen Friedhof zu verbrennen.

 

Erin­nern vs. Ver­gessen: “Wieso ist das nicht gemacht worden?”

Nach einer kurzen Phase der offi­zi­ellen Auf­ar­bei­tung unmit­telbar nach Kriegs­ende, im Zuge derer die wenigen Über­le­benden der Mas­saker Zeu­gen­be­richte ablegten und deut­sche Haupt­täter zur Rechen­schaft gezogen wurden, ver­wen­dete das sowje­ti­sche Regime bald große Anstren­gungen darauf, die Erin­ne­rungs­to­po­gra­phie von Babyn Jar zu über­schreiben. Nicht zuletzt seit der Anti-Kos­mo­po­li­tismus- Kam­pagne in den späten 1940er Jahren wurden von staat­li­cher Seite Anti­se­mi­tismus und Dis­kri­mi­nie­rung gegen­über Jüdinnen und Juden geschürt, ein ver­zerrter Blick auf den Holo­caust eta­blierte sich.

Als der jid­di­sche Dichter Dovid Hof­sh­teyn 1944 ver­suchte, eine Gedenk­ver­an­stal­tung zum Jah­restag des Mas­sa­kers zu ver­an­stalten, wurde diese aus “Sorge” vor anti­se­mi­ti­schen Stim­mungen in der Bevöl­ke­rung ver­boten. Ohne die jüdi­schen Opfer zu benennen, wollte die sowje­tisch-ukrai­ni­sche Regie­rung im März 1945 zusammen mit der kom­mu­nis­ti­schen Partei ein Denkmal in Babyn Jar auf­stellen – die schwarze Gra­nit­py­ra­mide wurde auf­grund ver­meint­li­cher ästhe­ti­scher Bedenken nie ver­wirk­licht. In den Nach­kriegs­jahren bis zu Sta­lins Tod 1953 kul­mi­nierten jene anti­se­mi­ti­schen Stim­mungen von­seiten der poli­ti­schen Füh­rung und der Bevöl­ke­rung. Nachdem es im Sep­tember 1945 bereits zu Pogromen in Kyiv gekommen war, folgte am 12./13. August 1952 die “Nacht der ermor­deten Dichter”: 13 jüdi­sche Intel­lek­tu­elle, dar­unter zahl­reiche jid­di­sche Dichter, fielen den sta­li­nis­ti­schen Säu­be­rungen zum Opfer – auch Hofshteyn.

Anstatt geschützt zu werden, wurde die Erin­ne­rungs­land­schaft von Babyn Jar bebaut: ein sta­li­nis­ti­scher Wohn­kom­plex, eine Straße, ein Park. 1959 fragte der rus­si­sche Schrift­steller Viktor Nekrasov in der Lite­ra­tur­naja Gazeta in seinem Artikel “Wieso ist das nicht gemacht worden?” empört:

“Ist das denn mög­lich? Wem konnte das in den Sinn kommen – eine Schlucht von 30 Metern Tiefe zuzu­schütten und am Ort der größten Tra­gödie her­um­zu­tollen und Fuß­ball zu spielen? Nein, das darf man nicht zulassen! Wenn ein Mensch stirbt, beer­digt man ihn, und auf seinem Grab errichtet man ein Denkmal.”

In den Fünf­zi­gern wurde Babyn Jar tat­säch­lich “zuge­schüttet” – der Abraum der benach­barten Zie­gel­fa­brik wurde in die Schlucht geleitet. Auf­grund von Bau­feh­lern kam es am 13. März 1961 nach starken Regen­fällen zu einem Damm­bruch, mit dem sich das Schlamm­wasser in die umlie­genden Bezirke und über die Wohn­häuser mit­samt ihren Bewohner*innen ergoss. In der Kure­nivka-Kata­strophe kamen wohl weit über 145 Men­schen ums Leben. Der Ver­such, die Erin­ne­rung an Babyn Jar ein­zu­ebnen, mün­dete somit in einer wei­teren Tragödie.

 

Wem gehört das Gedächtnis von Babyn Jar?

In den Neun­zi­gern über­wiegt ein zer­split­terter Erin­ne­rungs­dis­kurs: Gleich­wohl begann mit der Suche nach einem wie­der­erweckten natio­nalen Selbst­bild in der unab­hän­gigen Ukraine auch die Suche nach einem gemein­samen Erin­ne­rungs­kanon – einem Gedächtnis, “das das kol­lek­tive Selbst­bild in der Ver­gan­gen­heit ver­an­kert und Ori­en­tie­rung für die Zukunft ermög­licht.” In Über­gangs­phasen – so auch in jenem Epo­chen­wechsel des Zer­falls des Sowjet­im­pe­riums – mani­fes­tiere sich unser Ver­hältnis zur Ver­gan­gen­heit und werde neu­jus­tiert, des­halb seien sie his­to­risch so bedeutsam, so Ass­mann. Die Neu­jus­tie­rung der Ver­gan­gen­heit ist in der Ukraine auch 30 Jahre nach Beginn des (wieder) “Spre­chen-Kön­nens” noch nicht abge­schlossen – erschwert durch das Erbe zweier tota­li­tärer Sys­teme, deren Ver­bre­chen ein­ander über­la­gernde Topo­gra­phien des Todes hin­ter­lassen haben, “Blood­lands”, wie Timothy Snyder sie bezeichnet hat.

Himka/Michlic machen für jene Region des ehe­ma­ligen sowje­ti­schen Impe­riums zwei Phasen der Erin­ne­rungs­wie­der­her­stel­lung fest: Wäh­rend die Phase nach 1991 von der Aus­for­mung eines (ethno-) natio­nalen Dis­kurses in dicho­to­mi­scher Oppo­si­tion zum kom­mu­nis­ti­schen Regime geprägt sei, beschreiben sie die zweite Phase als “pro­gressiv, plu­ra­lis­tisch, zivil­ge­sell­schaft­lich” – als bestrebt, die kom­plexe, schmerz­hafte Erin­ne­rung an den Holo­caust anzu­er­kennen. Auch die Spe­zifik der NS-Ver­bre­chen, die im Gegen­satz zur in die Peri­pherie ver­la­gerten Depor­ta­ti­ons­praxis in unmit­tel­barer Nähe zu Stadt und Dorf verübt wurden, hat womög­lich Ein­fluss darauf, wie der “Holo­caust durch Kugeln” auf­ge­ar­beitet und rezi­piert wurde – oder nicht. Die Ukraine illus­triere am ein­drück­lichsten den Fall eines post­kom­mu­nis­ti­schen Landes, in dem die erste Phase, in der sich Erin­ne­rungs­nar­ra­tive den national- bzw. iden­ti­täts­po­li­ti­schen Erzäh­lungen zu beugen haben, noch die Ober­hand habe, kon­sta­tieren Himca/Michlic.

“(I)n public memory, remem­be­ring is not neces­s­a­rily about get­ting the past right, but rather about main­tai­ning the posi­tive coll­ec­tive self-image and soot­hing national myths. Thus, «the dark past» is per­ceived as a spoiler.” 

Erin­ne­rungs­kul­turen: Leer­stellen deut­scher Perspektiven

Erin­ne­rungs­land­schaften und die mit ihnen ver­bun­denen Erin­ne­rungs­prak­tiken for­mieren sich nicht von jetzt auf gleich; sie sind Ergebnis jah­re­langer Debatten, auf zivil­ge­sell­schaft­li­cher und poli­ti­scher Ebene. Auch das in Deutsch­land seit den frühen Neun­zi­ger­jahren ver­an­kerte Grund­ver­ständnis von einer bedin­gungs­losen Erin­ne­rung an den Holo­caust sowie die inter­na­tional oft­mals gelobte deut­sche Erin­ne­rungs­land­schaft und ‑kultur erfor­dern immer wieder neu aus­zu­tra­gende Aus­hand­lungs­pro­zesse, wie jüngst der in den letzten Monaten aus­ge­foch­tene „zweite His­to­ri­ker­streit“ zeigte. Auch droht Erin­ne­rungs­kultur stets ins For­mel­hafte über­zu­gehen oder in ihr Gegen­teil, das Ver­gessen, umzu­schlagen: Hält der Satz “so etwas darf nie wieder pas­sieren”, was er ver­spricht oder ist er zu einer leeren, mil­lio­nen­fach wie­der­holten Phrase geworden, die – gleich einem Mantra – jeder wahren Über­zeu­gung beraubt ist? Wird mög­li­cher­weise längst “Erin­ne­rung als höchste Form des Ver­ges­sens”, wie es Eike Geisel for­mu­lierte, praktiziert?

Jeden­falls sorgte der Mitte Dezember 2021 gefällte und vor wenigen Tagen von Bay­erns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder gelobte Beschluss der Stadt Nürn­berg, in der nie voll­endeten Kon­gress­halle – einem Prunkbau des von Nazi-Archi­tekt Speer ent­wor­fenen Reichs­par­tei­tags­ge­ländes – die Nürn­berger Oper wäh­rend der Reno­vie­rung des alten Opern-Gebäudes ein­ziehen zu lassen und die Halle insgesamt

zu trans­for­mieren (so sollen etwa auch Künst­ler­ate­liers in der Kon­gress­halle ent­stehen) in der inter­na­tio­nalen Presse für Furore: Die Vor­stel­lung, dass in Nürn­berg bald Wagner im natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Rie­sen­ge­bäude auf­ge­führt wird, gemahnt prompt an die von Hannah Arendt zur phi­lo­so­phi­schen Defi­ni­tion des Bösen her­an­ge­zo­gene Gedan­ken­lo­sig­keit. Die durch den Umbau der Kon­gress­halle unver­meid­bare Zer­stö­rung eines wich­tigen his­to­ri­schen Erin­ne­rungs­ortes (in seiner Dimen­sion als Täterort) wurde begründet mit der typi­schen prag­ma­ti­schen Alter­na­tiv­lo­sig­keit sowie dem Schein­ar­gu­ment, etwas für die Kultur tun zu wollen. Das ist, wieder mit Arendt gespro­chen, banal-böse und gedan­kenlos. Neben diesen besorg­nis­er­re­genden Ent­wick­lungen im Kon­text der inner­deut­schen Erin­ne­rungs­land­schaft wird deut­lich, dass hier­zu­lande zugleich Inter­esse und Ver­ständnis für die Kom­ple­xität und Spe­zifik der Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung in den “Blood­lands” fehlt, was mit einer all­ge­meinen Igno­ranz gegen­über Ost­eu­ropa und spe­zi­fisch der Ukraine ver­bunden sein mag. Bun­des­prä­si­dent Frank-Walter Stein­meier sprach diesen Aspekt in seiner Rede bei der Gedenk­ver­an­stal­tung zum 80. Jah­restag der Mas­sen­morde von Babyn Jar am 6. Oktober 2021 explizit an:

“Wer in meinem Land, in Deutsch­land, weiß heute von diesem Holo­caust durch Kugeln? Wer kennt sie, diese mit Blut getränkten Namen? All diese Orte haben keinen ange­mes­senen Ort in unserer Erin­ne­rung. Die Ukraine ist auf unserer Land­karte der Erin­ne­rung nur viel zu blass, viel zu sche­men­haft verzeichnet.”

Es hat lange gedauert, bis der in Babyn Jar ermor­deten Men­schen ange­messen öffent­lich gedacht werden durfte. Die kol­lek­tive trau­ma­ti­sche Erfah­rung der sowje­ti­schen Gesell­schaft ließ auch jede Unter­schei­dung der ein­zelnen Opfer­gruppen ver­schwimmen und unsichtbar werden; doch das Schicksal der jüdi­schen Bürger*innen, die der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ideo­logie zufolge kom­plett ver­nichtet werden sollten, konnte nicht ein­fach über­gangen – über­baut, über­schrieben – werden. Noch in den Sieb­zi­gern ent­schieden sich jüdi­sche Aktivist*innen ange­sichts zuneh­mender poli­tisch-anti­se­mi­ti­scher Repres­sionen für das Exil: Sie trans­fe­rierten den sym­bo­li­schen Ort Babyn Jar mit­samt ihrer Erin­ne­rungen nach Israel. Unter ihnen auch Emma­nuel Diamant:

“Wir ver­ließen die Sowjet­union für immer (…). Aber als wir gingen, trugen wir unsere Erin­ne­rung an Babyn Jar mit uns. Er (der Ort) blieb bei uns, denn ihn von unserem Schicksal zu trennen, war schon unmög­lich geworden.” 

Den Opfern ein wür­de­volles Denkmal zu setzen, das natio­nale, reli­giöse und poli­ti­sche Grup­pie­rungen zwar unter­scheiden, aber gleich­be­rech­tigt neben­ein­an­der­ste­hend respek­tieren würde; das den Sym­bol­cha­rakter des Ortes als lokales wie uni­ver­selles Mahnmal zu tragen imstande wäre; einen Muse­umsbau zu errichten, der als staat­liche Bil­dungs- und For­schungs­ein­rich­tung die Geschichte des Ortes ver­mit­teln würde – diese Schritte in mehr­heit­li­cher Über­ein­kunft zu gehen, hat sich bis heute als quasi unmög­lich erwiesen. Statt­dessen ent­zünden sich an den Fragen zur Schaf­fung eines Erin­ne­rungs­kom­plexes geschichts- und natio­nal­po­li­ti­sche Dis­kus­sionen, die in Zeiten des heißen Kriegs­kon­flikts mit Russ­land auf eine geo­po­li­ti­sche Ebene kata­pul­tiert werden.

Die kom­plexe Erin­ne­rungs­de­batte zeigt: Dort, wo Geschichte von zen­traler Bedeu­tung für die Stär­kung natio­naler Selbst­iden­ti­fi­ka­tion und Abgren­zung ist, wiegt auch der Umgang mit dem Holo­caust schwer – das ist heute in der Ukraine zu beob­achten. Momentan scheint die auf­ge­ris­sene Erde der lau­fenden Bau­stelle jedoch sinn­bild­lich vor allem eines zu offen­zu­legen: dass in der kom­plexen, poli­tisch auf­ge­la­denen Debatte um die Zukunft von Babyn Jar alles andere als Einig­keit herrscht.

“In con­tem­po­rary encoun­ters with the Holo­caust, we can learn a great deal about the dyna­mics of public (coll­ec­tive) memory and national iden­tity in the region.” (Himca/Michlic)

Lite­ratur:

 

Hannah Arendt: Eich­mann in Jeru­salem: Ein Bericht von der Bana­lität des Bösen (1964). 14. Auf­lage. Piper 1986.

Arendt, Hannah: Über das Böse. Eine Vor­le­sung zu Fragen der Ethik, Piper 2006.

Ass­mann, Aleida: Ver­wah­rens­ver­gessen, in: Formen des Ver­ges­sens, Wall­stein Verlag 2017.

Ass­mann, Aleida: Orte, in: Erin­ne­rungs­räume – Formen und Wand­lungen des kul­tu­rellen Gedächt­nisses, C.H. Beck 2018.

Geisel, Eike: Die Bana­lität der Guten. ­Deut­sche See­len­wan­de­rungen. Verlag Klaus Bit­ter­mann, 1992.

Himca/Michlic: Brin­ging the Dark Past to Light – The Recep­tion of the Holo­caust in Post­com­mu­nist Europe, Uni­ver­sity of Nebraska Press, 2013.

Rapson, Jes­sica: Topo­gra­phies of Suf­fe­ring: Buchen­wald, Babi Yar, Lidice, Berg­hahn Books 2015.

Snyder, Timothy: Blood­lands: Europe Bet­ween Hitler and Stalin, Basic Books 2010.

 

Wei­ter­füh­rende Literatur:

 

Holo­caust Memo­rial Center Babyn Yar: https://babynyar.org/ru

Komitee Babyn Jar: http://www.kby.kiev.ua/komitet/ru/documents/art00003.html

“Ukrai­ni­sche Initia­tive”: https://babynyar.memorial/en/

National His­to­rical and Memo­rial Reserve Babyn Yar: http://babynyar.gov.ua/en/news

Auf­lis­tung der Denk­mäler: www.kby.kiev.ua/komitet/ru/reserve/art00082.html

Vir­tu­elle Babyn Jar-Aus­stel­lung im Kyiver Geschichts­mu­seum: http://memory.kby.kiev.ua/main.html#en:M,menu_map:node1,-86

 

Inter­net­quellen:

 

Appell des VAAD an Olaf Scholz, URL: https://www.vaadua.org/news/ukrayinski-ievreyi-zvernulis-z-zayavoyu-do-federalnogo-kanclera-nimechchini?fbclid=IwAR1kbYYNWDibxwJLJxtnpW8E3e3US1AIK-EM5YZTsyWq1bbdqlYOy3s1Yu4

Андрусечко, Петро: Нахманович, Віталій: «Аби вшанувати пам’ять жертв масових вбивств, ми маємо сьогодні влаштовувати нові війни?», Isto­richna Pravda, 11/10/21, URL: https://www.istpravda.com.ua/articles/2021/10/11/160287/

„Бабин Яр і українська культура пам’яті. Дискусія“, Isto­richna Pravda, URL: https://www.istpravda.com.ua/articles/2021/10/4/160256/

Babi Yar Syn­agogue, URL: https://www.dezeen.com/2021/11/07/babyn-yar-pop-up-synagogue-video-iwan-baan/

Basic His­to­rical Nar­ra­tive of the Babyn Jar Holo­caust Memo­rial Center, URL: https://babynyar.org/storage/main/e0/ce/e0ced2fd93bcb8a9abbdeb5df828416f12fdac9eaf096d2766b54c989e86e48b.pdf

Bauer, Eli­sa­beth: Babyn Jar: Kann Ein­tau­chen in die Geschichte eine Lösung sein?, Ukraine ver­stehen, 27/01/22, URL: https://ukraineverstehen.de/bauer-babyn-jar/

Davidson, Vla­dislav: Tur­ning Babi Yar Into Holo­caust Dis­ney­land, Tablet, 26/05/20, URL: https://www.tabletmag.com/sections/arts-letters/articles/dau-babyn-yar-khrzhanovsky

Dia­mant, Ema­nuel (Amik): Babyn Jar, über das ihr (fast) nichts wisst, 2017, URL: https://nekrassov-viktor.com/images/Papers/Diamant-Emanuel-Babiy-Yar-o-kotorom-vi-nichego-ili-pochti-nichego-ne-znaete.pdf

Koza­ke­vych, Boz­hena: Leer­stel­len der Geschichte: Die sowje­ti­sche Politik des (Nicht)-Erinnerns an den Holo­caust, Ukraine ver­stehen, 28/09/21, URL: https://ukraineverstehen.de/kozakevych-die-sowjetische-politik-des-nicht-erinnerns-an-den-holocaust/

Nach­ma­no­vych, Vitalyi (Hrsg.): Babyn Jar: Mensch, Macht, Geschichte, 2018, URL: http://history.kby.kiev.ua/about

Nach­ma­no­vych, Vitalyi: Die hybriden Kon­texte von Sergyi Lozitsa, Isto­richna Pravda, 19/10/21, URL: https://www.istpravda.com.ua/articles/2021/10/19/160326/

Nekrasov, Viktor: Novyje pam­jat­niki (Neue Denk­mäler), in: Deko­ra­tivnoe iskusstvo SSSR, 1966, № 12, S. 23–27, URL: https://nekrassov-viktor.com/Books/Nekrasov-Novie-pamiatniki/

Nekrasov, Viktor: Warum ist das nicht gemacht worden?, in: Lite­ra­tur­naja Gazeta, 10/10/1959, № 125 (4091), S. 2, URL: https://nekrassov-viktor.com/Books/Nekrasov-Pochemu-eto-ne-sdelano/

Petrows­kaja, Katja: Spa­zier­gang in Babij Jar, FAZ, Isto­richna Pravda, 29/09/11, URL: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/zum-jahrestag-des-massakers-spaziergang-in-babij-jar-11369154.html

Petrows­kaja, Katja/Dovgopolova, Oksana/Semenyuk, Kateryna (Con­ver­sa­tion): Does memory sprout?, Past/Future/Art, 08/09/21, URL: https://pastfutureart.org/en/

Petrovsky-Shtern, Yohanan: The new Babyn Yar Holo­caust Memo­rial Center is a Trojan horse of Putin’s hybrid war, Hro­madske Inter­na­tional, 28/09/21, URL: https://en.hromadske.ua/posts/yohanan-petrovsky-shtern-the-new-babyn-yar-holocaust-memorial-center-is-a-trojan-horse-of-putins-hybrid-war

Rabbi Moshe Azmanns Appell an Putin: https://www.haaretz.com/jewish/.premium-at-site-of-babi-yar-massacre-top-ukrainian-rabbi-urges-putin-not-to-invade‑1.10571154

Söders Zustim­mung zum Umbau der Kon­gress­halle, URL: https://www.instagram.com/p/CZ1fbWMIaiq/

Stein­meier-Rede, URL: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-von-bundespraesident-dr-frank-walter-steinmeier-1966564

Umge­stal­tung der Kon­gress­halle in Nürn­berg, URL: https://www.dw.com/en/former-nazi-rally-building-to-serve-as-opera-house/a‑60126565

Umland, Andreas: The Ukrai­nian government’s Memory Insti­tute against the West, New Eas­tern Europe, 07/03/17, URL: https://neweasterneurope.eu/2017/03/07/the-ukrainian-government-s-memory-institute-against-the-west/

Video­auf­zeich­nung der Gesprächs­runde mit Ver­tre­tern beider Initia­tiven, URL: https://uinp.gov.ua/informaciyni-materialy/muzeynykam/informaciyni-materialy/videozapys-kruglogo-stolu-koly-muzey-staye-polem-bytvy

Vir­tual Museum of Rus­sian Aggres­sion, URL: https://rusaggression.gov.ua/en/home.html

 YIVO ency­clo­pedia: Babi Yar, URL: https://yivoencyclopedia.org/article.aspx/babi_yar

YIVO ency­clo­pedia: Jewish anti-fascist com­mittee, URL: https://yivoencyclopedia.org/article.aspx/jewish_anti-fascist_committee