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Ein Leben, ein Jahrhundert auf dem Silbertablett.

Posted on 28. August 2014 by Olga Martin
Schimmernde, trübe Vergessensflüsse, hetzender Regen, zerspringende Hagelkörner, treibende Nebel, tropfenschwerer Tau – alles fliesst in Arsenij Tarkovskijs Dichtung. Sich dieser Flut hinzugeben, lädt die Herausgeberin und Übersetzerin von Tarkovskijs Gedichten, Martina Jakobson, ein. Erschienen ist der zweisprachige Gedichtband "Reglose Hirsche" Ende 2013 bei Edition Rigerup.

Arsenij Tarkovskijs Gedichte auf Russisch und Deutsch,gestern und heute

Meiner Unsterblichkeit mag ich mich nicht verwehren

Schimmernde, trübe Vergessensflüsse, hetzender Regen, zerspringende Hagelkörner, treibende Nebel, tropfenschwerer Tau – alles fliesst in Arsenij A. Tarkovskijs Dichtung, so wie für ihn das Dasein als eine Flut der Poesie erscheint.Sich dieser Flut hinzugeben, lädt die Herausgeberin und Übersetzerin von Tarkovskijs Gedichten, Martina Jakobson, ein. Aus den politischen und kulturellen Wirrungen Russlands letzter Dekaden holt sie die fast in Vergessenheit geratenen Texte hervor und präsentiert sie dem Leser auf dem Silbertablett: in einem schlicht daher kommenden, zweisprachigen Gedichtband, das russische Original neben der deutschen Übersetzung. Es handelt sich um ausgewählte Lyrik, die ein ganzes Leben durch die Schatten eines Tod bringenden Jahrhunderts wieder aufleuchten lässt.

 

Der Lyriker und Übersetzer Arsenij Tarkovskij, 1907 in Elizavetgrad (heute Kirovohrad in der Ukraine) geboren, überlebt die Schrecken der Oktoberrevolution, zweier Weltkriege, stalinistischen Terrors, eine schwere Kriegsverletzung, bei der er ein Bein verliert, Hunger und Not der Nachkriegszeit in der Sowjetunion. Zu treuen Gefährten der physischen Entbehrungen gesellen sich Einsamkeit und Verachtung – ihnen bleibt ein anders denkender Idealist in einem totalitären, auf Zukunftsverheissungen und kollektiven Aufbruch fixierten System, unweigerlich ausgeliefert.

 

Schon nach den ersten Gedichtpublikationen, die ihm Anfang der 1930er Jahre den Vorwurf des Mystizismus einbringen, ist der Dichter angesichts der um sich greifenden stalinistischen Repressionen zum Schweigen verurteilt. Zumindest für die Öffentlichkeit. Ein Glück, dass Arsenij Tarkovskij nicht gänzlich verstummt, sondern im Stillen, zurückgezogen in einem Dorf, seine Gedichte weiter flüstert. Was Tarkovskij in der Ausgrenzung und Isolation zu dichten antreibt, ist sein Glaube an die conditio humana, den Menschen und seine Verortung in der irdischen Existenz, der Kultur, der Metaphysik.

 

Wer sich heute dem Sog der hektischen Multitasking-Welt entreisst und auf Tarkovskijs Poesie einlässt, erfährt unverhofft eine Entschleunigung und innere Einkehr, die den unsteten Blick für die alltäglichen Tiefen des Lebens schärft und auf leise Art zu berauschen weiss. Diese Verse wollen mehrmals gelesen werden. Man möchte die zwischen den Zeilen verborgenen, subtil angedeuteten Zusammenhänge fassen, die universellen Geschehnisse hinter den „grollenden Gewittern“ begreifen, mit dem lyrischen Ich zusammen nach dem Sinn des Lebens suchen und mit der Natur verschmelzen, die all den von Menschen verursachten Katastrophen unerschütterlich trotzt.

 

Martina Jakobson transportiert diese Intensität ins Deutsche, sodass man auch bei der Übersetzung länger verweilen und sich in immer tiefere Sphären vortasten möchte:

„Земля сама себя глотает,
И, тычась в небо головой,
Провалы памяти латает
То человеком, то травой.“

„Wo die Erde sich selbst ein Schlund ist,
ein Jungtier, am Himmel aufschürft den Kopf,
da hat sie ihre Gedächtnismulden, gleich Wunden,
mit Gras oder Menschen zugestopft.“

 

Der zweisprachige Band zeigt, wie unentbehrlich es ist, das Original und die Nachdichtung parallel lesen zu können – gemeinsam ergeben sie eine neue sinnlich-formale Einheit. Daher ist das Buch ohne Einschränkungen allen zu empfehlen, die gleichermassen Deutsch und Russisch lesen. Allerdings ist es fraglich, ob die Übersetzung für sich genommen der lyrischen Eigenart des Ausgangstextes gänzlich gerecht wird, wirkt sie doch zuweilen weniger zart und setzt ihre eigenen, überraschend interpretierenden Akzente.

 

Die Leistung der Übersetzerin und Herausgeberin bleibt enorm, beraubte doch das unausgesprochene Publikationsverbot von Tarkovskijs Texten eine ganze Generation dieser Lyrik, erst recht die deutschsprachige Leserschaft, die erst seit Ende der 1980er Jahre die Möglichkeit hat, diesen Dichter ansatzweise kennenzulernen. 1962 veröffentlicht Arsenij Tarkovskij einen weiteren Lyrikband. Bis dahin lebt er vom Übersetzen arabischer, armenischer und turkmenischer Lyrik. Der orientalische Einfluss macht sich unter anderem in der Beschreibung der Steppen- und Kurganlandschaften bemerkbar.

 

Arsenij Tarkovskij verlässt sehr früh seine erste Frau Marija Višnjakova für eine andere. Sein Sohn aus der ersten Ehe, der Kultregisseur Andrej Tarkovskij, leidet zeitlebens unter dem Verlust des Vaters und lässt sich dennoch – oder gerade deswegen – von der Ästhetik seiner Lyrik stark inspirieren. Die Heraufbeschwörung des künstlerischen Schöpfertums, das die Vergänglichkeit und die menschlichen Verwerfungen zu überdauern vermag, trägt dem Dichter innerhalb seiner auseinandergebrochenen Familie ihre Früchte: In den 1970ern verleiht Andrej Tarkovskij den stillen Versen seines Vaters eine deutliche Stimme und lässt ihn seine jahrzehntelang ungelesenen Gedichte wie Leben, Leben und Eurydike im Film Der Spiegel (Zerkalo, 1974) vor einem Massenpublikum vortragen. In dieser Verewigung der Stimme des Vaters über politische und familiäre Brüche hinweg scheint die Quintessenz von Tarkovskijs Lyrik ihre Erfüllung gefunden zu haben: die Würde und Selbstbehauptung eines Einzelnen vor dem Hintergrund einer Epoche der Willkür und der Gewalt.

 

„Не надо мне числа: я был, и есмь, и буду,
Жизнь – чудо из чудес, и на колени чуду
Один, как сирота, я сам себя кладу…“

„Ungezählt ist meine Zahl: Ich lebe, bin und werde.
Wunder und Geheimnis – Wandel des Lebens;
in seiner Hand mein einsames Ich, dies verwaiste Kind…“

 

Als melancholischer und erinnernder Dichter ist Arsenij Tarkovskij in einer Reihe mit seinen engen Freundinnen Anna Achmatova und Marina Cvetaeva zu sehen und zu entdecken. Seine Widmungen an diese Dichterinnen sind Zeugnisse kultureller Erinnerung im sogenannten „monologischen Dialog“ – einer Kommunikationsform, die unter damaligen politisch-gesellschaftlichen Verhältnissen gepflegt worden ist und die von Arsenij Tarkovskij in seinen Gedichten auf besondere Art stilisiert wird.

 

Neben Widmungen und Erinnerungen an Menschen und Orte sowie irdischer Naturverbundenheit durchquert diese Zeit- und Raumachsen noch eine dritte Dimension, in der sich der Mensch bewegt: die der Technik. Gedichte wie Das Ende der Navigation reflektieren den menschlichen Ehrgeiz, das Universum durch den technischen Fortschritt zu bezwingen und die Grenzen, an welche die menschliche Existenz dabei zwangsläufig stösst:

 

„И если впрямь земля болеет нами,
То стала выздоравливать она –
Такие звезды блещут над снегами,
Такая наступила тишина.“

„Die duldsame Erde hält den rauen
Atem an, zumindest scheint
es so – dies Sternenflimmern über der Landschaft,
Stille kehrt jetzt ein.“

 

Diese Zeilen wurden vor vier Jahren in dem Dokumentarfilm Space Tourists (2009, Regie: Christian Frei) zitiert. Tarkovskijs poetisches Wort aus dem letzten Jahrtausend kommentiert den aufkommenden Weltraumtourismus sowie den Preis individueller Träume von gestern und von heute. Vielleicht ist es diese Aktualität, welche Martina Jakobson hin und wieder zu einer postmodern anmutenden Übertragung verleitet. Dies ist jedoch angesichts der zeitlosen Themen und der klaren Sprache Tarkovskijs nicht notwendig. Notwendig hingegen bleibt die Weiterentdeckung seiner Poesie.

 

Tarkowskij, Arsenij: Reglose Hirsche. Ausgewählte Gedichte. Herausgegeben und übersetzt von Martina Jakobson. Berlin / Hörby: Edition Rugerup, 2013.

Ein Leben, ein Jahrhundert auf dem Silbertablett. - novinki
Redak­tion „novinki“

Hum­boldt-Uni­ver­sität zu Berlin
Sprach- und lite­ra­tur­wis­sen­schaft­liche Fakultät
Institut für Slawistik
Unter den Linden 6
10099 Berlin

Ein Leben, ein Jahr­hun­dert auf dem Silbertablett.

Arsenij Tar­kovs­kijs Gedichte auf Rus­sisch und Deutsch,gestern und heute

Meiner Unsterb­lich­keit mag ich mich nicht verwehren

Schim­mernde, trübe Ver­ges­sens­flüsse, het­zender Regen, zer­sprin­gende Hagel­körner, trei­bende Nebel, trop­fen­schwerer Tau – alles fliesst in Arsenij A. Tar­kovs­kijs [Tar­kow­skijs] Dich­tung, so wie für ihn das Dasein als eine Flut der Poesie erscheint.Sich dieser Flut hin­zu­geben, lädt die Her­aus­ge­berin und Über­set­zerin von Tar­kovs­kijs Gedichten, Mar­tina Jakobson, ein. Aus den poli­ti­schen und kul­tu­rellen Wir­rungen Russ­lands letzter Dekaden holt sie die fast in Ver­ges­sen­heit gera­tenen Texte hervor und prä­sen­tiert sie dem Leser auf dem Sil­ber­ta­blett: in einem schlicht daher kom­menden, zwei­spra­chigen Gedicht­band, das rus­si­sche Ori­ginal neben der deut­schen Über­set­zung. Es han­delt sich um aus­ge­wählte Lyrik, die ein ganzes Leben durch die Schatten eines Tod brin­genden Jahr­hun­derts wieder auf­leuchten lässt.

 

Der Lyriker und Über­setzer Arsenij Tar­kovskij, 1907 in Eli­za­vet­grad (heute Kiro­vohrad in der Ukraine) geboren, über­lebt die Schre­cken der Okto­ber­re­vo­lu­tion, zweier Welt­kriege, sta­li­nis­ti­schen Ter­rors, eine schwere Kriegs­ver­let­zung, bei der er ein Bein ver­liert, Hunger und Not der Nach­kriegs­zeit in der Sowjet­union. Zu treuen Gefährten der phy­si­schen Ent­beh­rungen gesellen sich Ein­sam­keit und Ver­ach­tung – ihnen bleibt ein anders den­kender Idea­list in einem tota­li­tären, auf Zukunfts­ver­heis­sungen und kol­lek­tiven Auf­bruch fixierten System, unwei­ger­lich ausgeliefert.

 

Schon nach den ersten Gedicht­pu­bli­ka­tionen, die ihm Anfang der 1930er Jahre den Vor­wurf des Mys­ti­zismus ein­bringen, ist der Dichter ange­sichts der um sich grei­fenden sta­li­nis­ti­schen Repres­sionen zum Schweigen ver­ur­teilt. Zumin­dest für die Öffent­lich­keit. Ein Glück, dass Arsenij Tar­kovskij nicht gänz­lich ver­stummt, son­dern im Stillen, zurück­ge­zogen in einem Dorf, seine Gedichte weiter flüs­tert. Was Tar­kovskij in der Aus­gren­zung und Iso­la­tion zu dichten antreibt, ist sein Glaube an die con­ditio humana, den Men­schen und seine Ver­or­tung in der irdi­schen Exis­tenz, der Kultur, der Metaphysik.

 

Wer sich heute dem Sog der hek­ti­schen Mul­ti­tas­king-Welt ent­reisst und auf Tar­kovs­kijs Poesie ein­lässt, erfährt unver­hofft eine Ent­schleu­ni­gung und innere Ein­kehr, die den unsteten Blick für die all­täg­li­chen Tiefen des Lebens schärft und auf leise Art zu berau­schen weiss. Diese Verse wollen mehr­mals gelesen werden. Man möchte die zwi­schen den Zeilen ver­bor­genen, subtil ange­deu­teten Zusam­men­hänge fassen, die uni­ver­sellen Gescheh­nisse hinter den „grol­lenden Gewit­tern“ begreifen, mit dem lyri­schen Ich zusammen nach dem Sinn des Lebens suchen und mit der Natur ver­schmelzen, die all den von Men­schen ver­ur­sachten Kata­stro­phen uner­schüt­ter­lich trotzt.

 

Mar­tina Jakobson trans­por­tiert diese Inten­sität ins Deut­sche, sodass man auch bei der Über­set­zung länger ver­weilen und sich in immer tie­fere Sphären vor­tasten möchte:

„Земля сама себя глотает,
И, тычась в небо головой,
Провалы памяти латает
То человеком, то травой.“

„Wo die Erde sich selbst ein Schlund ist,
ein Jung­tier, am Himmel auf­schürft den Kopf,
da hat sie ihre Gedächt­nis­mulden, gleich Wunden,
mit Gras oder Men­schen zugestopft.“

 

Der zwei­spra­chige Band zeigt, wie unent­behr­lich es ist, das Ori­ginal und die Nach­dich­tung par­allel lesen zu können – gemeinsam ergeben sie eine neue sinn­lich-for­male Ein­heit. Daher ist das Buch ohne Ein­schrän­kungen allen zu emp­fehlen, die glei­cher­massen Deutsch und Rus­sisch lesen. Aller­dings ist es frag­lich, ob die Über­set­zung für sich genommen der lyri­schen Eigenart des Aus­gangs­textes gänz­lich gerecht wird, wirkt sie doch zuweilen weniger zart und setzt ihre eigenen, über­ra­schend inter­pre­tie­renden Akzente.

 

Die Leis­tung der Über­set­zerin und Her­aus­ge­berin bleibt enorm, beraubte doch das unaus­ge­spro­chene Publi­ka­ti­ons­verbot von Tar­kovs­kijs Texten eine ganze Gene­ra­tion dieser Lyrik, erst recht die deutsch­spra­chige Leser­schaft, die erst seit Ende der 1980er Jahre die Mög­lich­keit hat, diesen Dichter ansatz­weise ken­nen­zu­lernen. 1962 ver­öf­fent­licht Arsenij Tar­kovskij einen wei­teren Lyrik­band. Bis dahin lebt er vom Über­setzen ara­bi­scher, arme­ni­scher und turk­me­ni­scher Lyrik. Der ori­en­ta­li­sche Ein­fluss macht sich unter anderem in der Beschrei­bung der Steppen- und Kurgan­land­schaften bemerkbar.

 

Arsenij Tar­kovskij ver­lässt sehr früh seine erste Frau Marija Višn­ja­kova für eine andere. Sein Sohn aus der ersten Ehe, der Kult­re­gis­seur Andrej Tar­kovskij, leidet zeit­le­bens unter dem Ver­lust des Vaters und lässt sich den­noch – oder gerade des­wegen – von der Ästhetik seiner Lyrik stark inspi­rieren. Die Her­auf­be­schwö­rung des künst­le­ri­schen Schöp­fer­tums, das die Ver­gäng­lich­keit und die mensch­li­chen Ver­wer­fungen zu über­dauern vermag, trägt dem Dichter inner­halb seiner aus­ein­an­der­ge­bro­chenen Familie ihre Früchte: In den 1970ern ver­leiht Andrej Tar­kovskij den stillen Versen seines Vaters eine deut­liche Stimme und lässt ihn seine jahr­zehn­te­lang unge­le­senen Gedichte wie Leben, Leben und Eury­dike im Film Der Spiegel (Zer­kalo, 1974) vor einem Mas­sen­pu­blikum vor­tragen. In dieser Ver­ewi­gung der Stimme des Vaters über poli­ti­sche und fami­liäre Brüche hinweg scheint die Quint­essenz von Tar­kovs­kijs Lyrik ihre Erfül­lung gefunden zu haben: die Würde und Selbst­be­haup­tung eines Ein­zelnen vor dem Hin­ter­grund einer Epoche der Willkür und der Gewalt.

 

„Не надо мне числа: я был, и есмь, и буду,
Жизнь – чудо из чудес, и на колени чуду
Один, как сирота, я сам себя кладу…“

„Unge­zählt ist meine Zahl: Ich lebe, bin und werde.
Wunder und Geheimnis – Wandel des Lebens;
in seiner Hand mein ein­sames Ich, dies ver­waiste Kind…“

 

Als melan­cho­li­scher und erin­nernder Dichter ist Arsenij Tar­kovskij in einer Reihe mit seinen engen Freun­dinnen Anna Ach­ma­tova und Marina Cve­taeva zu sehen und zu ent­de­cken. Seine Wid­mungen an diese Dich­te­rinnen sind Zeug­nisse kul­tu­reller Erin­ne­rung im soge­nannten „mono­lo­gi­schen Dialog“ – einer Kom­mu­ni­ka­ti­ons­form, die unter dama­ligen poli­tisch-gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nissen gepflegt worden ist und die von Arsenij Tar­kovskij in seinen Gedichten auf beson­dere Art sti­li­siert wird.

 

Neben Wid­mungen und Erin­ne­rungen an Men­schen und Orte sowie irdi­scher Natur­ver­bun­den­heit durch­quert diese Zeit- und Raum­achsen noch eine dritte Dimen­sion, in der sich der Mensch bewegt: die der Technik. Gedichte wie Das Ende der Navi­ga­tion reflek­tieren den mensch­li­chen Ehr­geiz, das Uni­versum durch den tech­ni­schen Fort­schritt zu bezwingen und die Grenzen, an welche die mensch­liche Exis­tenz dabei zwangs­läufig stösst:

 

„И если впрямь земля болеет нами,
То стала выздоравливать она –
Такие звезды блещут над снегами,
Такая наступила тишина.“

„Die duld­same Erde hält den rauen
Atem an, zumin­dest scheint
es so – dies Ster­nen­flim­mern über der Landschaft,
Stille kehrt jetzt ein.“

 

Diese Zeilen wurden vor vier Jahren in dem Doku­men­tar­film Space Tou­rists (2009, Regie: Chris­tian Frei) zitiert. Tar­kovs­kijs poe­ti­sches Wort aus dem letzten Jahr­tau­send kom­men­tiert den auf­kom­menden Welt­raum­tou­rismus sowie den Preis indi­vi­du­eller Träume von ges­tern und von heute. Viel­leicht ist es diese Aktua­lität, welche Mar­tina Jakobson hin und wieder zu einer post­mo­dern anmu­tenden Über­tra­gung ver­leitet. Dies ist jedoch ange­sichts der zeit­losen Themen und der klaren Sprache Tar­kovs­kijs nicht not­wendig. Not­wendig hin­gegen bleibt die Wei­ter­ent­de­ckung seiner Poesie.

 

Tar­kow­skij, Arsenij: Reg­lose Hir­sche. Aus­ge­wählte Gedichte. Her­aus­ge­geben und über­setzt von Mar­tina Jakobson. Berlin / Hörby: Edi­tion Rugerup, 2013.